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Wirtschaft: Der Mittelstand verlagert keine Arbeitsplätze

Kleine Firmen bleiben dem Standort Deutschland treu/ Wirtschaftsforscher erwarten 2005 leichten Aufschwung

Frankfurt am Main - Im deutschen Mittelstand hat die EU-Osterweiterung bislang kaum Arbeitsplätze gekostet. Nur eine von 1000 kleinen und mittelgroßen Firmen hält derzeit eine Mehrheitsbeteiligung in den osteuropäischen Nachbarländern. Das geht aus einer Studie hervor, die die staatliche Förderbank KfW zusammen mit anderen Instituten und Verbänden in Frankfurt am Main vorgestellt hat. Zudem hätten sich die konjunkturellen Perspektiven für den Mittelstand in diesem Jahr aufgehellt, da es Anzeichen für eine etwas höhere Binnennachfrage gebe.

„Von einer Flucht des Mittelstandes nach Osten kann keine Rede sein, sie ist auch nicht zu erwarten“, sagte Hans Reich, Vorstandssprecher der KfW-Bankengruppe. Er trat damit Befürchtungen entgegen, dass nach den großen Konzernen jetzt auch kleinere Firmen die Verlagerung von Produktion und Arbeitsplätzen ins Ausland anstreben könnten, statt in Deutschland zu investieren. Als Mittelständler gelten Firmen mit bis zu 500 Beschäftigten, dazu zählen mehr als 99 Prozent der Unternehmen. Bei diesen Firmen arbeiten mehr als drei Viertel aller Erwerbstätigen.

In der Untersuchung „Mittelstandsmonitor 2005“, an der auch die Wirtschaftsforschungsinstitute RWI und ZEW sowie die Auskunftei Creditreform beteiligt sind, ist allerdings von Ängsten vor der EU-Osterweiterung die Rede. Für 41 Prozent der befragten 5600 Firmen überwögen derzeit die Risiken der Grenz- und Marktöffnung, nur 20 Prozent sähen in den Ländern Mittel- und Osteuropas neue Chancen. Daher exportiert momentan nur eine von zehn Firmen Waren in die neuen Märkte.

Insgesamt hoffen die Wirtschaftsforscher auf etwas bessere Geschäfte für die Mittelständler in diesem Jahr. „Für 2005 ist eine weitere Fortsetzung der moderaten konjunkturellen Erholung zu erwarten“, sagte KfW-Chef Reich. Es gebe Signale für eine etwas stärkere Nachfrage von Unternehmen und Verbrauchern. Allerdings haben die kleinen und mittleren Unternehmen vom Exportboom der vergangenen Jahre deutlich weniger profitiert als die Großkonzerne. Der Mittelstand habe die schwache Wirtschaftslage im Inland nicht durch Verkäufe ins Ausland kompensieren können, sagte Hartmut Rödl, Geschäftsführer von Creditreform. Dazu sei er zu wenig in die Weltwirtschaft integriert. Deshalb könne die wichtigste Säule der deutschen Wirtschaft auch vorerst keinen Beitrag zur Entspannung auf dem Arbeitsmarkt leisten. „Mit positiven Beschäftigungsimpulsen wird auch 2005 nicht zu rechnen sein“, sagte er. Nur jedes zehnte Unternehmen plane für das erste Halbjahr 2005 Einstellungen, jedes fünfte aber einen weiteren Personalabbau.

Schuld an der mäßigen Lage sei auch der Umstand, dass kleineren Unternehmen nach wie vor nicht genügend Kapital zur Verfügung stehe. Die Zurückhaltung von Banken und Sparkassen bei der Kreditvergabe sei immer noch spürbar, sagte der Wirtschaftsweise und ZEW-Präsident Wolfgang Franz. „Der Mangel an Finanzierungsquellen und Fachpersonal ist weiter ein bedeutendes Hemmnis für Innovationsaktivitäten von kleineren und mittleren Unternehmen.“

Als Lichtblick für den Mittelstand nennt die Studie die zunehmende Zahl von Firmengründungen. Sie habe 2003 und 2004 die Zahl der Pleiten übertroffen. Vor allem Arbeitslose versuchten mit einer eigenen Firma einen Neustart. Im vergangenen Jahr waren es 361000 Personen, die sich mit Überbrückungsgeld oder als Ich-AG selbstständig machten. Tätig wurden diese Existenzgründer in erster Linie im Dienstleistungssektor, im Handel und auf dem Bau.

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