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Deutsche Bahn: Die Volksaktie nimmt Gestalt an

Die SPD sucht einen Kompromiss zur Bahn-Privatisierung. Mit dem Konzept der Volksaktie geht der ehemalige Bahn-Manager Thilo Sarrazin erneut auf Konfrontationskurs zu einem der größten Arbeitgeber Berlins.

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Berlin - Die angestrebte Privatisierung der Deutschen Bahn spaltet die SPD, wobei die Parteiführung in die Defensive gerät. Die SPD-Bundestagsfraktion debattierte am Freitag über das Vorhaben. Dabei ging es auch um das Konzept der Volksaktie, das insbesondere von der Parteilinken präferiert wird. Parteichef Kurt Beck sagte am Rande der Sitzung, er sei überzeugt, dass eine Lösung möglich sei, die den Bedenken von Teilen der Bevölkerung und der SPD Rechnung trage. Die Kritiker befürchteten, es werde zu einer faktischen Privatisierung des Streckennetzes kommen, die nicht mehr umkehrbar sei und „die Fläche“ vernachlässige. „Das werden wir sicherstellen“, sagte Beck. Auch Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wolle, „dass die Sorgen im regionalen Bereich politisch gestaltbar werden“. Die Bahn werde handlungsfähig bleiben und die notwendige Kapitalausstattung bekommen.

Im SPD-Parteivorstand hatten 18 der 45 Mitglieder am 20. August durchgesetzt, dass auch das Konzept einer Volksaktie zur Privatisierung geprüft wird. Jetzt präsentierten Andrea Ypsilanti, SPD-Landeschefin von Hessen, und Vorstandsmitglied Hermann Scheer zusammen mit Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin einen Vorschlag, wie die Idee konkret umgesetzt werden könnte. Der ehemalige Bahn-Manager Sarrazin geht damit allerdings erneut auf Konfrontationskurs zu einem der größten Arbeitgeber der Stadt.

Vor allem geht es den SPD-Politikern nach eigenen Angaben darum, die Kontrolle über die Infrastruktur, insbesondere das Schienennetz, zu sichern. „Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung des staatlichen Einflusses auf die Infrastrukturgesellschaften laufen leer beziehungsweise sind bedeutungslos“, schreiben die drei SPD-Spitzenpolitiker in ihrer Begründung zu einem Änderungsantrag zum vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzestext. De facto würden private Investoren am Schienennetz beteiligt.

Verkehrsminister Tiefensee hat in seinem Konzept vorgesehen, dass der Bund das juristische Eigentum am Schienennetz erhält, die Bahn aber auf mindestens 15 Jahre die wirtschaftlichen Nutzungsrechte. So will Tiefensee zum einen sicherstellen, dass die Bahn als Gesamtkonzern in der heutigen Form erhalten bleibt, private Investoren aber keine Anteile an der mit Milliarden an öffentlichen Mitteln aufgebauten Infrastruktur besitzen.

Sarrazin, Scheer und Ypsilanti meinen jedoch, dass dieser Spagat nicht gelingen kann. In ihrem Änderungsantrag schlagen sie deshalb vor, dass sich zwar Dritte an der Deutschen Bahn beteiligen dürfen, dass diese Beteiligung aber „ausschließlich in Form von stimmrechtslosen Vorzugsaktien“ erfolgt. Zur Begründung heißt es, dadurch sei sichergestellt, „dass der Bund in der Hauptversammlung der Deutschen Bahn AG allein stimmberechtigt ist“. Die Kontrolle durch den Bund sei damit umfassend gewährleistet.

Bei Vorzugsaktien verzichtet der Anleger auf sein Stimmrecht, im Gegenzug wird ihm eine feste Rendite garantiert. Nur wenn das Unternehmen dem Versprechen nicht mehr nachkommt, erhält der Vorzugsaktionär das Stimmrecht auf der Hauptversammlung. Deshalb wollen die drei SPD-Politiker die Bahn per Gesetz verpflichten, eine Dividende von fünf Prozent in der Höhe des Aktiennennbetrags zu zahlen.

Eine Sprecherin von Finanzsenator Sarrazin sagte dem Tagesspiegel, in der SPD-Fraktion werde nun für das Modell geworben. Für Sarrazin sei es „das Wichtigste, dass das Netz beim Bund bleibt“. Wenn man etwas von dem Konzern verkaufe, dann Töchter wie die Spedition Schenker. Die Gewerkschaft Transnet warf dem Senator deshalb vor, den Bahn- Konzern zerschlagen zu wollen.

Am Freitag nahmen die Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL ihre Tarifverhandlungen wieder auf. Es habe ein erstes Gespräch zwischen Bahn-Personalvorstand Margret Suckale und GDL-Chef Manfred Schell gegeben, sagte ein Bahn- Sprecher am Abend. Details nannte er nicht. Die Bahn hatte sich in einem Vermittlungsverfahren mit der GDL verständigt, über Einkommen und Arbeitszeiten der Lokführer neu zu verhandeln. Bis 30. September soll eine Lösung gefunden werden. Bernd Hops/Hans Monath

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