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Deutsche Bahn: Tiefensee warnt SPD vor Scheitern des Börsengangs

Die Partei will den Streit um das umstrittene Projekt beilegen – in der Koalition könnte es trotzdem scheitern.

Berlin - Unmittelbar vor der letzten Sitzung der SPD-Arbeitsgruppe zur Bahn-Reform hat Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee seine Partei gemahnt, das Projekt nicht scheitern zu lassen. „Angesichts der Probleme durch den stark wachsenden Güterververkehr im Transitland Deutschland kann ich nur davor warnen, die Privatisierung auf die lange Bank zu schieben“, sagte der SPD-Politiker dem „Handelsblatt“. Die Deutsche Bahn brauche dringend „Geld von privaten Partnern“.

An die Adresse der Kritiker in der Partei richtete der Minister den Hinweis, nur mit einer starken Bahn könne Deutschland im Wettbewerb bestehen. Alle Verantwortlichen seien sich einig, „dass ein erheblicher Teil der Privatisierungserlöse“ nicht im Bundeshaushalt verschwinde, sondern zur Stärkung des Konzerns eingesetzt werde: „Wir wollen Bahnhöfe sanieren und für Lärmschutz sorgen, die Hinterlandanbindung der Nordseehäfen verbessern und bei einer Reihe wichtiger Verkehrsprojekte vorankommen.“ Dazu brauche man die Investoren.

Am heutigen Montag will die SPD auf der letzten Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe ihre Position zur Bahn-Reform festlegen. Bereits am Sonntagabend hatte Parteichef Kurt Beck mit den Bezirks- und Landesvorsitzenden beraten. Bisher wurden in der Partei drei Holding- Modelle diskutiert. Tiefensee unterstützt den von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) entwickelten Plan. Demnach bleibt unter dem Dach einer Bahn-Holding nur das Schienennetz in öffentlicher Hand. Die Sparten Personenverkehr und Logistik gehen zu 49,9 Prozent an Investoren. Durch Verträge und die Mehrheitsbeteiligung des Staates sollen der integrierte Bahn-Konzern und die Beschäftigung gesichert werden. Die SPD-Linke ist aber nur bereit, die Logistiksparte an die Börse zu bringen. SPD-Chef Beck hatte als Kompromiss vorgeschlagen, neben den Gleisen auch den Nahverkehr beim Staat zu belassen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte dies am Wochenende aber abgelehnt, auch Steinbrück, Tiefensee und Fraktionschef Peter Struck sind dagegen.

In der SPD-Fraktionsspitze wird dem „Handelsblatt“ zufolge ein Kompromiss diskutiert. Demnach würden zwar der Personenverkehr und die Logistik teilveräußert, aber in kleinen Schritten und nur bis zu 24,9 Prozent. Es ist unklar, ob Beck und die SPD-Linke dies akzeptieren würden.

Angesichts der schwierigen Gemengelage in der Koalition gilt ein Scheitern der Reform als denkbar. Am 28. April soll der Koalitionsausschuss über das Vorgehen entscheiden. Tiefensee hält eine Einigung für möglich: „Natürlich sind noch Fragen offen. Bei gutem Willen aller Koalitionspartner sollte es aber möglich sein, unseren ehrgeizigen Zeitplan einzuhalten.“

Als Stolperstein könnte sich laut Tiefensee nicht nur der Streit in der SPD erweisen. Vor allem die Union habe keine klare Linie. Er sei „nicht sicher“, ob sie rechtzeitig „eine einheitliche Meinung“ findet. Dort gebe es neben den Befürwortern des integrierten Konzerns auch eine starke Strömung für eine vollständige Trennung des Netzes vom Transport, praktisch eine hundertprozentige Privatisierung der operativen Sparten. „Dieser CDU-Konflikt wird aber kaum thematisiert.“ HB

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