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Wirtschaft: Deutsche Telekom AG: Amerikaner machen Stimmung gegen Übernahmen der US-Telefonfirma Voicestream

Die Aufsichtsräte der Deutschen Telekom AG und der US-Mobilfunkgesellschaft Voicestream Wireless Corp. haben sich Berichten zufolge trotz wachsender Kritik der amerikanischen Aufsichtsbehörden am Wochenende getroffen, um über ein Kaufangebot der Deutschen zu beraten.

Die Aufsichtsräte der Deutschen Telekom AG und der US-Mobilfunkgesellschaft Voicestream Wireless Corp. haben sich Berichten zufolge trotz wachsender Kritik der amerikanischen Aufsichtsbehörden am Wochenende getroffen, um über ein Kaufangebot der Deutschen zu beraten. William Kennard, der Chef der USAufsicht für Telekommunikation FCC, hatte wegen des hohen Staatsanteils bei der Deutschen Telekom eine genaue Untersuchung angekündigt, sollte es zu einem Übernahmeangebot kommen.

Kennard reagierte damit auf die Kritik von US-Senatoren, die in Übernahmen von US-Telekomfirmen durch Unternehmen, an denen ausländische Regierungen die Mehrheit besitzen, eine Bedrohung der nationalen Sicherheit sehen. Die Bundesregierung hält rund 58 Prozent der Telekom-Anteile. Die Deutsche Telekom spricht seit Monaten von einer Expansion in den US-Markt. Neben Voicestream wird dabei auch die Telefongesellschaft Qwest Communications Int. als möglicher Übernahmekandidat gehandelt. Die Senatoren wollen derartige Übernahmen verhindern. Im Senat kommt bald ein Vorschlag zur Abstimmung, der der FCC für ein Jahr verbieten würde, amerikanische Lizenzen an die Deutsche Telekom zu übertragen. Parallel dazu wurde ein Gesetzesvorschlag eingebracht, der eine Transaktion völlig unmöglich machen würde.

Der ehemalige Präsidentschaftskandidat und Senator John McCain warnte jedoch davor, dass amerikanische Unternehmen bei Verabschiedung eines derartigen Gesetzes auf ausländischen Märkten mit Vergeltung rechnen müssten. Unterdessen droht die Europäische Union bereits damit, Zusagen an die Welthandelsorganisation WTO zurückzuziehen, falls die USA eine Übernahme durch die Deutsche Telekom blockieren würde. Das berichtete die britische Zeitung Financial Times. Laut Bert van Bartlingen, Chef der Handelsabteilung der EU-Kommission in Washington, wäre ein solches Gesetz ein Bruch des WTO-Abkommens zur Telekommunikation. 1997 wurde festgeschrieben, dass sowohl private als auch börsennotierte europäische Unternehmen in den USA am Wettbewerb teilnehmen können.

Telekom-Boss Ron Sommer versucht, die Besorgnis der US-Politiker zu zerstreuen. In einem vorab veröffentlichten Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel sagte Sommer, dass die Telekom nicht als Eindringling komme, sondern Arbeitsplätze schaffe. Zudem habe Deutschland einen der liberalisiertesten Telekom-Märkte. Von den Voicestream-Großaktionären wird kein Widerstand gegen eine Übernahme erwartet. Der Hongkonger Mischkonzern Hutchison Whampoa (HWL) hält 23 Prozent an dem US-Mobilfunk-Unternehmen. Dessen Chairman Li Kashing ist bekannt als geschickter Händler, der Unternehmensanteile schnell losschlägt, wenn der Profit stimmt.

Das Angebot der Deutschen beläuft sich nach Marktinformationen auf 3,2 Telekom-Aktien plus 30 Dollar pro Voicestream-Anteil. Damit würde den US-Mobilfunker mit rund 200 Dollar pro Aktie bewerten. Insgesamt läge der Preis über 50 Milliarden Dollar. "Ein verführerisches Angebot", meint Robert Sassoon von der Investmentbank Societe Generale in Hongkong. Der Analyst hält es für wahrscheinlich, dass HWL verkauft. Bei diesen Preisen würden die Hongkonger rund elf Milliarden Dollar einstreichen - und aus ihrem Investment in Voicestream einen Reingewinn von etwa zehn Milliarden Dollar erlösen. Analyst Carl Wong von HSBC ist überzeugt, dass HWL seinen Voicestream-Anteil losschlägt, wenn das Angebot über 180 Dollar pro Aktie liegt. Ein Verkauf folge der langfristigen Strategie: HWL wolle zu einem guten Preis aus der "zweiten Generation" des Mobilfunks aussteigen und alles auf die "dritte Generation" setzen, wo nicht mehr die Sprach-, sondern Datenübertragung entscheidend sein wird. Der Verkauf des britischen Mobilfunkers Orange und der verkündete Wiedereinstieg in den europäischen Mobilfunkmarkt der dritten Generation - zusammen mit der japanischen NTT Docomo und der niederländischen KPN - sei nur der erste Schritt. Mit gewaltigen Barreserven aus dem Verkauf von Orange und Voicestream sieht er HWL von allen Telekom-Konzernen am besten aufgestellt, um bei der dritten MobilfunkGeneration ganz vorne mitzuspielen.

Norbert Kuls, Oliver Müller

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