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Klima: "Deutschland sollte die Führung übernehmen"

Der Ökonom Lord Stern rechnet in Berlin vor, wie viel die Industrieländer ins Klima investieren müssten. Das Thema ist ernst, es geht um nicht weniger als das Überleben unserer Zivilisation.

Berlin -  Aber an zwei, drei Stellen schafft es der Redner dann doch, den Saal zum Lachen zu bringen: „Es entspricht zwar nicht meinem Selbstverständnis als Brite, so etwas zu sagen, aber ich würde mir wünschen, dass Deutschland jetzt doch einmal die Führung übernimmt“, sagte Lord Nicholas Stern, der Star vieler Klimaschützer, am Mittwoch im Audimax der Technischen Universität Berlin. Die Führungsrolle sieht er freilich nur beim Klimaschutz und dessen Finanzierung. Am Nachmittag nahm er von TU-Präsident Kurt Kutzler die Ehrendoktorwürde entgegen, dann hielt Stern eine Vorlesung mit dem Titel „Die Ökonomie des Klimawandels“.

Der ehemalige Chefökonom der Weltbank und heutige volkswirtschaftliche Chefberater der britischen Regierung wurde weltweit bekannt, als er im Oktober 2006 im Auftrag seiner Regierung den „Stern-Report“ vorlegte. Das 650-Seiten-Werk lieferte Klimaexperten erstmals eine ökonomische Basis. Der Bericht liefert Antworten auf die Frage: Was müssen Wirtschaft und Politik tun, um den Anstieg der Temperatur auf zwei Grad Celsius zu begrenzen?

Stern nannte den Weltklimagipfel, der am 7. Dezember in Kopenhagen beginnt, vor den gut 1000 Zuhörern der TU „die größte und wichtigste Konferenz seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs“. Er forderte die Staaten der Europäischen Union auf, ihre bereits vereinbarten Klimaziele nochmals zu verschärfen. Bis zum Jahr 2020 müsse die EU ihren Ausstoß nicht nur um 20, sondern um rund 30 Prozent senken.

Damit das Ziel, die Begrenzung des Temperaturanstiegs auf weniger als zwei Grad Celsius bis 2050, erreicht werden kann, müssten alle Staaten der Welt in den kommenden fünf Jahren bis 2015 gemeinsam rund 50 Milliarden Dollar (knapp 37 Milliarden Euro) in Klimaschutzmaßnahmen investieren – zum Beispiel in den Ausbau erneuerbarer Energien und den Kampf gegen Abholzung der Wälder und in deren Aufforstung. Von den 50 Milliarden sollten USA und Europa jeweils 15 bis 20 Milliarden Dollar übernehmen. Innerhalb der EU komme Deutschland als größter Volkswirtschaft eine besonders wichtige Rolle zu.

Bis zum Jahr 2020 müssten die Investitionen aller Staaten auf 100 Milliarden, bis 2020 auf 200 Milliarden Dollar aufgestockt werden. Die Industriestaaten müssten dafür rund 0,1 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts investieren. Das sei deutlich weniger, als die Staaten vor einem Jahrhundert in den Aufbau ihrer Industrie investiert hätten. Insgesamt seien die EU und Japan auf einem guten Weg. Auch China und Indien hätten sich bewegt. „Jetzt fehlen noch die USA“, sagte Stern. Kevin P. Hoffmann

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