zum Hauptinhalt
Hinter dem Zug. Rüdiger Grube würde gerne freier entscheiden - doch die Politik und die Gewerkschaften spielen bei der Bahn eine immer wichtigere Rolle.

© dpa

Die Bahn will die Kurve kriegen: Grubes Plan: "Ärmel hoch und in die Offensive"

2013 war ein Horror-Jahr für die Bahn. Es kann nur besser werden - doch in diesem Jahr drohen dem Konzern neue Probleme

Siegfried Neubauer war froh, ein Schnäppchen gemacht zu haben. 25 Euro hatte der 77-Jährige für die Bahncard Gold ausgegeben, mit der durfte er am Tag nach einem deutschen Olympiasieg in Sotschi umsonst Zug fahren. Dachte er jedenfalls. Im Regionalexpress zwischen Dresden und Frankfurt (Oder) musste der Rentner aber erfahren, dass die Dinge anders liegen. Die Gold-Karte gelte nur in ICs und ICEs, nicht aber im Nahverkehr, belehrte ihn die Schaffnerin. Und knöpfte ihm 7,80 Euro für das fehlende Ticket ab und dazu 40 Euro für das Schwarzfahren. „Ich konnte es erst gar nicht glauben“, wundert sich Neubauer noch heute. „Weder auf der Karte noch beim Kauf wurde ich über die Einschränkung informiert.“ Kulanz: Fehlanzeige. „Wir bedauern, Ihnen keine andere Antwort geben zu können“, schrieb ihm eine Dame von der Fahrpreis-Nacherhebung auf seine Beschwerde hin.

Neubauers Fall zeigt: Die Bahn, bislang in solchen Fällen mitunter nachsichtig, kämpft offenbar um jeden Cent. Das hat seinen Grund. 2013 war ein Horrorjahr für den Staatskonzern, das schlechteste, seit Rüdiger Grube an der Spitze steht. 2014 will der Hamburger die Wende hinbekommen: Der Gewinn soll von mickrigen 649 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden steigen, die Pünktlichkeit besser, der Kunde zufriedener werden. „Die Devise lautet: Ärmel hoch und in die Offensive gehen“, sagte Grube am Donnerstag bei der Vorlage der Bilanz in Frankfurt am Main.

Katastrophen und steigende Kosten

Rekorde, die Grube bislang bei solchen Gelegenheiten gerne verkündete, waren 2013 rar gesät. Die Zahl der Fahrgäste hierzulande stieg um 42 Millionen auf einen Höchstwert von über zwei Milliarden. Das überrascht angesichts der Widrigkeiten: Das Elbe-Hochwasser blockierte die Trasse Berlin–Hannover monatelang; massive Verspätungen waren die Folge. Hinzu kamen heftige Stürme. Und das Desaster um den Mainzer Hauptbahnhof, auf dem im Sommer plötzlich Stellwerker fehlten und Dutzende Züge ausfielen. Die Folge: Der Konzern muss, auch auf Druck der Gewerkschaften, tausende zusätzliche Leute einstellen. Das treibt die Personalkosten in die Höhe. Die Konjunktur trug ein Übriges zur Misere bei – der Schienen-Güterverkehr rutschte ins Minus, weltweit lief das Transportgeschäft nur mäßig.

Als wäre das nicht genug, hatte die Bahn auch noch jede Menge Ärger mit der Politik. Sei es der (mittlerweile verschobene) Wechsel des Ex-Kanzleramtsministers Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand, sei es die Regierung, die den Top-Managern stärker auf die Finger sehen will, sei es das Kartellamt, das der Bahn vorwirft, Konkurrenten beim Fahrkarten-Verkauf zu benachteiligen. Oder die EU-Kommission, die der Bahn die Kontrolle über die Gleise streitig macht.

Von 39 auf 70 Milliarden in nur sechs Jahren

Das alles passt nicht gut zu den hehren Zielen Grubes für eine goldene Zukunft, der vor zwei Jahren verkündeten Vision namens „DB 2020“: Einer der beliebtesten Arbeitgeber im Land will die Bahn bis dahin werden, Vorreiter in Sachen Ökologie und Spitze bei den Kennzahlen. Auf 70 Milliarden Euro soll der Umsatz binnen sechs Jahren steigen, hat Grube dem Staatskonzern verordnet. 2013 waren es erst gut 39 Milliarden.

Ob das Vorhaben nicht zu ehrgeizig sei, wurde er gefragt. „Wer sich keine hohen Ziele setzt, darf sich nicht wundern, wenn er die nicht erreicht“, war die Antwort. Eine Rolle spielen bei der Ausweitung des Geschäfts werde auch „M and A“, sagte er im Manager-Sprech. „Mergers“ und „Acquisitions“ also, Firmenzukäufe, vor allem im Ausland. Dabei ist die Bahn schon heute überall auf dem Globus unterwegs, betreibt Busse in Serbien, schippert Schnittblumen über die Meere, kutschiert Fässer zur Bier-Weltmeisterschaft nach Denver. Manchem Politiker ist das zu viel, die Bahn solle sich auf die Heimat konzentrieren, mahnen sie. „Qualität und Service im Brot-und-Buttergeschäft bleiben unsere Hauptanliegen“, beteuerte Grube auch am Donnerstag. Dieses Versprechen gibt er eigentlich bei jeder Bilanz-Vorlage. Kunden wie Siegfried Neubauer werden darauf achten, ob das 2014 klappt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false