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Wirtschaft: Die Bahn zieht es ins Ausland

Konzern will hierzulande offenbar mehr als 12 000 Stellen abbauen – und jenseits der Grenze wachsen

Berlin - Die Deutsche Bahn plant offenbar innerhalb des Konzerns einen deutlichen Umbau bei der Belegschaft. Informationen der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sollen bis zum Jahr 2011 rund 12 500 Stellen im Personen- und Schienengüterverkehr sowie bei der Netztochter wegfallen. Gleichzeitig werde es den Planungen zufolge 12 200 neue Jobs bei der Logistiktochter Schenker geben – und zwar zum größten Teil außerhalb Deutschlands, wie es unter Berufung auf Vorstandsunterlagen hieß.

Derzeit beschäftigt die Bahn 230 000 Menschen, davon 183 000 hierzulande. „Wir bauen keine Stellen ab – in dem Sinne, dass Mitarbeiter arbeitslos werden“, sagte Bahn-Personalvorstand Margret Suckale. Bis mindestens 2010 werde es keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Dies sieht eine Vereinbarung mit den Gewerkschaften vor.

Allerdings räumte Suckale ein, dass frei werdende Stellen in bestimmten Geschäftsfeldern nicht wieder besetzt würden. Es sei selbstverständlich, dass die Personalzahlen innerhalb von fünf Jahren der wirtschaftlichen Entwicklung angepasst werden müssten. Insgesamt solle die Zahl der Konzernmitarbeiter aber bis 2011 „nahezu gleich bleiben“. „Wir werden unseren deutschen Mitarbeitern Arbeitsplätze in Deutschland anbieten“, kündigte sie an. Reuters zufolge sollen im Personenverkehr zusammen mehr als 6000 Stellen wegfallen, in der Sparte Netz sind wegen der neuen elektronischen Stellwerke 4400 Beschäftigte überflüssig geworden.

Zusätzliche Stellen werde es in den Regionen Asien/Pazifik und Europa geben, hieß es. In Deutschland sollten nur 2000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Mehr Arbeit gebe es vor allem im Service-Bereich, sagte Suckale. Zudem sucht die Bahn wegen der guten Schienen-Konjunktur 300 Lokführer – bislang hatte es bei der Güterzugsparte Railion lange Zeit Stellenabbau gegeben. Daneben wachse die Logistiktochter Schenker in Deutschland pro Jahr um 600 Mitarbeiter.

Die Gewerkschaften zeigten für die Spekulationen über einen Stellenabbau kein Verständnis. „Die Zahl kommt uns sehr seltsam vor“, sagte ein Transnet-Sprecher. Insbesondere beim Personenverkehr habe es bereits starke Einschnitte gegeben. „Da geht nichts mehr“, sagte er.

Seit dem Beginn der Bahnreform 1994 hat der Konzern im Schnitt Jahr für Jahr 10 000 Stellen abgebaut. Damals galt die Bahn wegen ihrer Vergangenheit als Behörde in Ost- und Westdeutschland als personell stark überbesetzt. Betriebsbedingte Kündigungen gab es dennoch bislang nicht. Nur durch Akquisitionen stieg die Zahl der Mitarbeiter zwischenzeitlich – die Bahn kaufte in den vergangenen Jahren die Logistikfirmen Schenker und Bax. Für dieses Jahr hatte Konzernchef Hartmut Mehdorn angekündigt, dass die Zeit tiefer Einschnitte vorbei sei.

Denn im Inland läuft es für die Bahn gut. Eigentlich wollte der Bahnchef am Freitag nach der Sitzung des Aufsichtsrats nur Erfolge präsentieren – die Meldungen über Umstrukturierungen kamen aber dazwischen. „2006 wird das beste Jahr in der Geschichte der Deutschen Bahn“, ließ Mehdorn mitteilen. 1,53 Milliarden Menschen seien zwischen Januar und Oktober mit der Bahn gefahren, 3,6 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Güterzüge transportierten 12,4 Prozent mehr Fracht. Mehdorn verwies darauf, dass das vierte Quartal stets das stärkste ist. Bis 2011 will die Bahn ihr Betriebsergebnis nach Zinsen auf 2,5 Milliarden Euro steigern.

Die Politik reagierte zurückhaltend auf die Pläne des Staatskonzerns. Angesichts des sich verändernden Marktes seien Umstrukturierungen „relativ normal“, sagte Union-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich dieser Zeitung. „Ich gehe davon aus, dass ein Großteil der betroffenen Beschäftigten in einem anderen Unternehmensteil unterkommt.“ Es sei wichtig, dass die Bahn-Konkurrenten im Inland weiter wachsen könnten, damit dort neue Stellen entstünden.

Der Aufsichtsrat beschloss am Freitag außerdem, die Planung für die Transrapidstrecke in München „im ersten Halbjahr 2007“ weiter voranzutreiben. Eine Einstellung der Vorbereitungen, die zeitweise im Gespräch war, wird es demnach nicht geben. „Eine weitere Fortführung erfordert die Lösung der offenen Finanzierungsfragen“, erklärte das Kontrollgremium. Bislang ist die Finanzierung zwischen dem Bund und dem Land Bayern umstritten.

Laut Informationen der dpa aus Aufsichtsratskreisen wurde wiederum der Verkauf der Fährverkehrstochter Scandlines an die Baltic Ferry Development, hinter der die Deutsche Seereederei (DSR) steht, empfohlen. Der Preis des Unternehmens, an dem auchdie dänische Regierung beteiligt ist, werde auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt.

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