zum Hauptinhalt

Wirtschaft: "Die Belastung der Autofahrer hat ihre Grenzen erreicht"

Bernd Gottschalk (58) ist seit 1997 Präsident des Verbandes der Deutschen Automobindustrie (VDA). Zuvor arbeitete er für Daimler- Benz.

Bernd Gottschalk (58) ist seit 1997 Präsident des Verbandes der Deutschen Automobindustrie (VDA). Zuvor arbeitete er für Daimler- Benz.

Daimler-Chrysler streicht nächstes Jahr 5000 bis 6000 Stellen. Opel zieht den geplanten Personalabbau in Bochum vor. Hat die Krise jetzt auch die Autoindustrie erreicht?

Davon kann keine Rede sein. Wir haben allerdings eine extrem schwierige Situation bei den Nutzfahrzeugen. Bei den Pkws gibt es zwar auch starke Unterschiede zwischen einzelnen Unternehmen und Produkten, aber in der Summe erwarten wir dort ein immer noch beachtlich hohes Marktniveau.

Fürchten Sie einen weiteren Stellenabbau?

Im Nutzfahrzeugbereich wird sich dies vermutlich nicht vermeiden lassen. In der Pkw-Produktion sollte die Beschäftigung einigermaßen stabil bleiben.

Wie sieht die Beschäftigungsbilanz der Automobilbranche für 2001 aus?

Die Firmen haben noch einmal 18 000 Arbeitsplätze auf jetzt 770 000 schaffen können und dies in einem Jahr, in dem der Absatz im Inland erneut geschrumpft ist.

Befürchten Sie Belastungen durch die Tarifvorstellungen der IG Metall?

Ein Tarifabschluss muß in die sich rapide verändernde Landschaft passen. Und die Kaufkrafttheorie des Lohnes vernachlässigt bekanntlich die Auswirkungen auf Kosten und Wettbewerbsfähigkeit der Firmen.

Vor dem Hintergrund des Abschwungs und zu hoher Kapazitäten in Europa: Machen die Investitionen von BMW, VW oder jetzt auch Daimler/Mitsubishi in Ostdeutschland überhaupt Sinn?

Das ist immer eine Frage des Markterfolges. Das Automobilgeschäft hat sich grundlegend geändert: Restrukturierungen sind genauso an der Tagesordnung wie Investitionen in neue Fabriken. Wir sind eine lebendige Industrie. Die gängigen Vorstellungen von Überkapazitäten sind überholt.

Wie fällt Ihr Fazit des Autojahres 2001 aus?

Es war besser als viele befürchtet haben. Im Inland lief das Autogeschäft allerdings schlechter als erhofft, im Ausland dagegen deutlich besser als zunächst erwartet. Mit über 400 Milliarden Mark werden wir im Jahr 2001 so viel umsetzen wie nie zuvor. Auch im Export wird es einen Rekord geben mit über 3,6 Millionen Fahrzeugen. Und auch die Produktion wird mit 5,3 Millionen Pkw nahe an den Spitzenwert von 1998 heranreichen. Dass der Inlandsmarkt leicht auf 3,35 Millionen Zulassungen schrumpft, war nach dem Rückgang im Jahr davor aber ein Wermutstropfen. Insofern sind auch einige Wünsche offen geblieben.

Zum Beispiel?

Das Autogeschäft etwa in Großbritannien mit einem Plus von zehn Prozent oder in Frankreich mit einem Zuwachs von gut fünf Prozent bei den Neuzulassungen war viel dynamischer als unser Markt. Das ist die Quittung auch für die Ökosteuer, die höhere Kfz-Steuer und für teurere Versicherungspolicen. Die Belastung der Autofahrer hat ihre Grenze erreicht.

Mit dem Euro werden die Autopreise vergleichbar. Wie trifft das die Autobranche?

Der Euro wird den Wettbewerb weiter verschärfen - zu Gunsten des Autokunden. Preisvergleiche werden bei den Vorsteuer-Preisen leichter. Allerdings müssen jetzt auch die Finanzminister in Europa für Harmonisierung sorgen, damit die extrem unterschiedliche Besteuerung auch für Neuwagen beseitigt wird. Es kann nicht sein, dass ein Auto, das in Deutschland 35 000 Mark kostet, in Dänemark wegen extrem hoher Zulassungssteuern für 85 000 Mark verkauft werden muss, bei annähernd gleichen Vorsteuer-Preisen.

Daimler-Chrysler streicht nächstes Jahr 5000

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false