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Wirtschaft: Die Telekom lockt Verdi

Mitarbeiter sollen mehr verdienen, wenn die Kunden zufrieden sind

Bonn/Berlin - Telekom-Mitarbeiter sollen mehr Geld bekommen, wenn die Kunden mit dem Service zufrieden sind und der Konzern gut verdient. Mit diesem Erfolgsbonus lockt die Deutsche Telekom die Gewerkschaft Verdi von der Streikfront zurück an den Verhandlungstisch. Das Unternehmen sei auch bereit, alle bislang strittigen Punkte des Telekom- Angebots an die 50 000 Mitarbeiter in den neuen Servicegesellschaften zu verhandeln, sagte Personalvorstand Thomas Sattelberger am Mittwoch in Bonn. Verdi reagierte zunächst zurückhaltend.

Nach den Vorstellungen des Konzerns sollen die Beschäftigten in den neuen Servicegesellschaften neun Prozent weniger verdienen und 38 statt bisher 34 Stunden arbeiten. Die Einschnitte sind Teil eines Sparprogramms, mit dem Konzernchef René Obermann jährlich 500 bis 900 Millionen Euro einsparen will, um auf die massiven Kundenverluste zu reagieren.

„Wir bieten mehr als eine Charmeoffensive“, sagte Sattelberger. Künftig sollen die Gehälter der Beschäftigten zu etwa 80 Prozent fest und zu 20 Prozent variabel sein. Obendrauf kommt im Jahr 2011 der Erfolgsbonus. Diesen will sich die Telekom einen „hohen zweistelligen Millionenbetrag“ kosten lassen, sagte Sattelberger. Da nur die 30 000 nicht beamteten Mitarbeiter der neuen Servicegesellschaften von den Gehaltskürzungen betroffen wären, gäbe es den Bonus nur für sie. Bei einer Ausschüttung von beispielsweise 60 Millionen Euro erhielten sie jeweils etwa 2000 Euro und damit gut fünf Prozent ihres heutigen Gehaltsniveaus als Sonderzahlung. Außerdem stellte Sattelberger den Telekom-Beschäftigten Weiterbildungsangebote und neue Karrierechancen in Aussicht.

Sattelberger sagte, er sei sehr zuversichtlich, „dass wir bald die offiziellen Gespräche mit der Gewerkschaft wieder aufnehmen“. Die Zeit drängt, die Telekom will die neuen Gesellschaften zum 1. Juli starten. Verdi-Verhandlungsführer Lothar Schröder nannte Teile von Sattelbergers „Ideenskizze“ jedoch „hochproblematisch“. Verdi wehrt sind nach wie vor gegen Eingriffe in die Löhne der Beschäftigten, auch wenn das Unternehmen versuche, dies mit einer Erfolgsbeteiligung schmackhaft zu machen. Die Gewerkschaft werde das Angebot prüfen. „Wenn das Signale für Verhandlungen sind, werden wir uns das anschauen“, sagte Streikleiter Ado Wilhelm. Am Mittwoch waren erneut 15 000 Beschäftigte im Ausstand.

Mit ihrem Vorschlag einer variablen Vergütung und dem Augenmerk auf der Kundenzufriedenheit liegt die Telekom im Trend. „Das Kriterium der Kundenzufriedenheit wird bei der Vergütung in vielen Unternehmen wichtiger“ sagte Jörg- Peter Domschke, Partner bei der Unternehmensberatung Towers Perrin. Firmen wollen einerseits in schlechten Zeiten nicht die vollen Gehälter zahlen müssen und andererseits ihre Mitarbeiter motivieren. Es sei jedoch schwierig, die Zufriedenheit der Kunden den einzelnen Mitarbeitern zuzuordnen. „Kundenzufriedenheit ist meistens nur pauschal zu messen.“

Ähnlich sieht es Tatjana Bögelein vom Marktforschungsunternehmen GfK. „Wenn ein schwaches Glied im Team ist, ist die Prämie für alle hin“, sagt sie. Dabei wirke Unzufriedenheit beim Kunden immer stärker als Zufriedenheit. „Der Mitarbeiter, der Unzufriedenheit erzeugt, hat also einen stärkeren Einfluss auf das Ergebnis.“ Bögelein kritisiert nicht den Einbezug der Kundenzufriedenheit in die Gehaltsgestaltung an sich. „Kundenzufriedenheit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen“, sagt sie. „Aber es ist ein unfaires System gegenüber dem Einzelnen, weil das Erreichen des Ziels eine Teamleistung ist, die keinem Individuum eindeutig zuzuordnen ist.“

Personalchef Sattelberger setzt dagegen große Hoffnung in die Erfolgsorientierung. „Wenn das neue Konzept greift, könne es auch für andere Konzernbereiche Pate stehen“, sagte er. nso/vis

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