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Wirtschaft: „Die ticken absolut gleich“

Wolfgang Mayrhuber löst Jürgen Weber an der Spitze der Lufthansa ab – sie werden weiter zusammen arbeiten

Frankfurt (Main). Dass der Mann so lange am Steuerknüppel sitzen würde, war vor fast zwölf Jahren nicht abzusehen. Jürgen Weber galt als Verlegenheitskandidat für den Chefsessel der Lufthansa, als Notlösung, als dröge und als Manager ohne besondere Aura, als er am 1. September 1991 an die Spitze rückte. Und das in Zeiten, in denen die damals noch voll in Staatshand liegende Fluglinie kurz vor der Pleite stand.

Heute steckt die Lufthansa zwar auch in der Krise – „die Lage war noch nie so ernst“, sagte Weber erst kürzlich. Aber Weber hat in den vergangenen Jahren mit seinem harten Sanierungskurs viel dazu beigetragen, dass die Lufthansa trotz der aktuellen durch Konjunkturflaute, Irak-Krieg und die Lungenseuche Sars hervorgerufenen Buchungsrückgänge als eine der am besten aufgestellten Fluggesellschaften der Welt gilt. Das wird ihm Passagevorstand Wolfgang Mayrhuber danken – denn er übernimmt am Mittwoch auf der Hauptversammlung das Amt von Jürgen Weber.

Ein radikaler Schnitt ist das nicht: Der heute 61-jährige Weber und der 56-jährige Mayrhuber arbeiten nämlich schon seit Jahren zusammen. Anfang der Neunziger bereits gehörte Mayrhuber zu Webers Team, das einen harten Sanierungskurs einschlug: Strecken und Jets wurden stillgelegt, Beteiligungen verkauft und nicht zuletzt mehr als 8000 Arbeitsplätze gestrichen – mit der Zustimmung der Gewerkschaften. Das war nötig, denn die Lufthansa verlor 1991 jede Woche vier bis fünf Millionen Mark. Ende des Jahres war sie kaum mehr in der Lage, die Löhne und Gehälter zu zahlen. Weber sollte schon den schwarzen Anzug bereit gelegt haben, als er den vermeintlich bitteren Gang zur Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) antrat. Die KfW half der Lufthansa mit einer halben Milliarde Überbrückungskredit durch die Krise. Missmanagement, eine fast ungezügelte Expansion, Überheblichkeit und nicht zuletzt die Folgen des damaligen Golfkrieges hatten die Airline tief in den Schlamassel gestürzt. Auf fast eine halbe Milliarde Mark belief sich der Verlust der Lufthansa 1991, erstmals seit 18 Jahren wurden rote Zahlen geschrieben.

Webers Sparkurs lohnte sich: 1993 gab es wieder Gewinn, 1994 waren es schon wieder 734 Millionen Mark. Weber gilt auch als Vater der weltweit erfolgreichsten Airline- Kooperation. Mittlerweile hat die Star-Allianz 16 Mitglieder. Unermüdlich hat Weber für die Liberalisierung des Luftverkehrs und vor allem für den Abbau der Subventionen gekämpft, mit denen besonders die Konkurrenten in den USA immer wieder über Wasser gehalten werden.

Ob Mayrhuber den Sparkurs seines Vorgängers weiter fahren oder die Schwierigkeiten auch strategisch angehen wird, bleibt abzuwarten. Probleme gibt es jedenfalls genug: 2003 wird die Lufthansa keinen Gewinn einfliegen, im letzten Quartal machte sie 415 Millionen Euro Verlust.

Experten werfen Weber vor, er habe die Billigflieger zu lange ignoriert, und habe zu viel Ballast: Das Unternehmen sei mit dem Fracht- und Catering-Geschäft sowie dem Touristik-Ableger Thomas Cook zu stark von der Konjunktur abhängig. „Weber hat an zu vielen Beteiligungen festgehalten. Das ist einer von wenigen Kritikpunkten“, sagt Luftfahrt-Experte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Immer noch habe die Lufthansa zu viel Personal. Die Kosten seien insgesamt viel zu hoch.

Für Weber hätte es einen besseren Abschied, für Mayrhuber einen erfreulicheren Start geben können. Der gebürtige Österreicher ist auch schon seit 33 Jahren bei der Lufthansa und seit mehr als zehn Jahren nicht nur ein Kollege, sondern ein enger Weggefährte und Freund Webers.

Seit Anfang 2001 sitzt der gelernte Flugtechnik-Ingenieur, der eigentlich Pilot werden wollte – doch nur Absagen kassierte, auch von der Lufthansa – im vierköpfigen Konzernvorstand. „Die ticken absolut gleich“, sagt ein intimer Kenner des Unternehmens. „In ihren Zielsetzungen für die Lufthansa sind sich beide total einig.“ Mayrhuber weiß um die Probleme, bleibt im Gegensatz zu Weber nach außen hin gelassen. „Es ist in unserem Geschäft sehr einfach, eine Milliarde Dollar zu verlieren. Alles was wir dazu brauchen, sind drei Passagiere weniger pro Flugzeug, fünf Dollar Nachlass auf jedes Ticket und eine Abweichung von den Plankosten um zwei Prozent“, sagt er gerne, um seinen Job zu umschreiben. Er gilt als entscheidungsfreudig. „Mayrhuber hat einen eigenen Kopf, er schreckt auch nicht vor unpopulären Maßnahmen zurück“, sagt ein Insider. Dazu könnte der neue Lufthansa-Chef schneller gezwungen sein, als ihm lieb ist. Das Gespenst von Entlassungen geht auch bei der Lufthansa um, auch wenn es für Mayrhuber als letztes Mittel gilt. „Das passt nicht zu unserer Kultur.“ Wenn, wird er sich dazu nur mit dem Segen Webers durchringen. Der neue Vorstandschef und sein Vorgänger als künftig erster Mann an der Spitze des Aufsichtsrates werden wohl weiter an einem Strang ziehen.

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