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ARCHIV - 21.03.2024, Baden-Württemberg, Stuttgart: Container werden im Neckarhafen in Stuttgart verladen. (zu dpa: «Bericht: Forschungsinstitute wollen Wachstumsprognose deutlich senken») Foto: Bernd Weißbrod/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Bernd Weißbrod

Update

„Die Wirtschaft ist angeschlagen“: Experten senken Konjunkturprognose – Parteien uneins über Maßnahmen

Die führenden Ökonomen erwarten angesichts der angeschlagenen deutschen Wirtschaft in diesem Jahr nur noch ein Mini-Wachstum. Doch über den richtigen Umgang mit der Diagnose streiten die Parteien.

Führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Konjunkturprognose deutlich gesenkt. Sie sprachen am Mittwoch in Berlin von „Gegenwind“ für die deutsche Wirtschaft aus dem In- und Ausland. „Die Wirtschaft in Deutschland ist angeschlagen.“ Die Institute erwarten für das laufende Jahr nur noch ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent. Im Herbst waren sie noch von einem Plus des Bruttoinlandsprodukts für 2024 von 1,3 Prozent ausgegangen. Für das kommende Jahr belassen die Institute die Prognose mit plus 1,4 Prozent nahezu unverändert.

Die deutsche Wirtschaft kränkele, heißt es in der Frühjahrsprognose. 2023 war die Wirtschaftsleistung in der größten Volkswirtschaft Europas um 0,3 Prozent zurückgegangen. Derzeit bewegt sich die Wirtschaftsleistung laut Instituten auf einem Niveau, das kaum über dem vor der Corona-Pandemie liege. „Seitdem tritt die Produktivität auf der Stelle.“

Eine zähe konjunkturelle Schwächephase gehe mit schwindenden Wachstumskräften einher, so die Institute. Zwar dürfte ab dem Frühjahr eine Erholung der Konjunktur einsetzen, die Dynamik werde aber insgesamt nicht allzu groß ausfallen. Im laufenden Jahr avanciere der private Konsum zur wichtigsten Triebkraft für die Konjunktur, im kommenden Jahr dann vermehrt auch das Auslandsgeschäft.

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Gute mittelfristige Aussicht bei Inflation und privatem Konsum

Der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Stefan Kooths, sprach von einem „Dreiklang aus lahmender Konjunktur, lähmender Politik und leidendem Wachstum“. Positive Nachrichten halten die Institute für die Arbeitnehmer bereit.

Ihre Reallöhne dürften sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr zulegen, was wiederum den privaten Konsum zur „wichtigsten Triebkraft für die Konjunktur“ mache. Allerdings: „Das Niveau von Ende 2021 – also vor dem drastischen Inflationsschub – wird aber voraussichtlich erst im zweiten Quartal 2025 erreicht“, hieß es einschränkend zu den Reallöhnen. Neben kräftigen Lohnerhöhungen dürfte die Kaufkraft auch von der sinkenden Inflation gestärkt werden.

Die sechs Ökonomen geben in der Bundespressekonferenz die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute für das Frühjahr 2024 bekannt.
Die sechs Ökonomen geben in der Bundespressekonferenz die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute für das Frühjahr 2024 bekannt.

© dpa/Kay Nietfeld

In diesem Jahr soll die Teuerungsrate auf 2,3 Prozent fallen, 2025 dann auf 1,8 Prozent. 2023 lag sie noch bei 5,9 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt in der Währungsunion einen Wert von zwei Prozent an. Die Arbeitslosigkeit soll in diesem Jahr angesichts der Konjunkturflaute leicht steigen: Erwartet wird eine Quote von 5,8 Prozent, die im kommenden Jahr aber auf 5,5 Prozent zurückgehen soll. Die Zahl der Erwerbstätigen soll jeweils auf dem Rekordniveau von mehr als 46 Millionen liegen.

Union warnt vor längerer Rezession

Der Generalsekretär der CDU, Carsten Linnemann, warnt indes vor einer längeren Rezession und fordert die Bundesregierung auf, eine Wachstumsagenda zu erlassen. „Deutschland kommt nicht aus der Krise, die Probleme sind hausgemacht. Es braucht jetzt endlich wirksame Antworten, eine echte Wachstumsagenda“, sagte der CDU-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Mittwoch.

Was sich Linnemann genau darunter vorstellt, sagte er nicht. Sein Parteikollege Thorsten Frey wurde nur etwas deutlicher, indem er die Ampelkoalition aufforderte, die Einkommen- und Unternehmensteuer zu reformieren. „Unternehmen müssen in Europa und international wettbewerbsfähig bleiben“, sagte Frei den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

SPD und Grüne wollen Reform der Schuldenbremse

„Wirtschaftliche Impulse, um das Land stark zu machen, gehören zu den entscheidenden Fragen für die zweite Hälfte der Legislaturperiode“, sagte Lars Klingbeil dem RND am Dienstag. Mit den bestehenden Schuldenregeln werde es „enorm schwierig“, so der SPD-Parteichef: „Wir sind da auf dem völlig falschen Weg.“

Zuspruch bekam Klingbeil am Mittwoch von der Grünen-Bundestagsfraktion. „Wir brauchen massive Investitionen und eine Reform der Schuldenbremse, um den Wohlstand in Deutschland zu sichern“, sagte Audretsch dem wiederum dem RND. „Alle wissen es, alle sagen es, Unternehmen, Gewerkschaften, die Bundesbank und nun auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute.“

An der sogenannten Gemeinschaftsdiagnose beteiligt sind das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, das Kiel Institut für Weltwirtschaft, das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen und das Ifo-Institut in München. (dpa, Reuters, fki)

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