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Dioxin-Skandal: Futterpanschern droht Haft

Bessere Kontrollen, schärfere Meldepflichten, härtere Strafen: Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner bemüht sich um Konsequenzen aus dem Dioxinskandal.

Berlin - Es war eine ganz andere Ilse Aigner als in den zurückliegenden Tagen. Entschieden, fordernd und politisch angriffslustig präsentierte die wegen Zögerlichkeit in die Kritik geratene Verbraucherministerin am Freitag ihren Aktionsplan zum besseren Schutz von Lebensmitteln. Die Dioxin-Funde hätten „ganz klar“ Konsequenzen, versicherte Aigner, ihr Ministerium nehme sie zum Anlass, „die gesamte Futtermittelkette auf den Prüfstand zu stellen“. Dann trug die CSU-Politikerin ein Zehn-Punkte-Programm vor, das fast alle Forderungen von Verbraucherschützern aufgriff. Und an dem die Opposition vor allem beanstandete, dass es sich um „Ideenklau“ handle.

Bessere Kontrollen, schärfere Meldepflichten, härtere Strafen: Am Dienstag werde sie ihren Aktionsplan den Länderministern vorlegen, kündigte Aigner an. Bereits am kommenden Mittwoch werde sich das Kabinett damit befassen. Ein Großteil der Vorschläge könne noch 2011 umgesetzt werden.

Sie wolle höhere Sicherheitsstandards, so die CSU-Politikerin. Deshalb werde die Produktion von Lebens- und Futtermitteln künftig rigoros von technischer Industrie getrennt. Für alle Futterfett-Hersteller werde eine Zulassung unter strengen Auflagen verpflichtend. Und auf EU-Ebene werde sie „mit aller Kraft“ auf eine verbindliche Positivliste dringen, die festlegt, was Futtermittel enthalten dürfen.

Entscheidend sei bei alledem „die Kontrolle der Kontrolle“, betonte Aigner. Betriebe und private Labore müssen nun von sich aus melden, wenn sie verbotene Stoffe in überhöhter Konzentration finden. Es soll häufigere Tests und ein Frühwarnsystem für Dioxin geben. Kontrollstandards werden bundesweit angeglichen. Im Fall neuer Skandale sollen betroffene Betriebe offen genannt werden müssen.

Und ohne Haftpflichtversicherung dürfe künftig kein Futtermittelproduzent mehr auf den Markt. Auf die Frage, ob vermehrte Kontrollen nicht die Lebensmittel verteuerten, antwortete Aigner ausweichend. „Sicherheit darf keine Frage von Kosten sein“, sagte sie. Womöglich finde man ja kostengünstigere und schnellere Verfahren. An „doppelter bis dreifacher Sicherung“ aber komme man nicht vorbei. Und das werde, so Aigner, „auch zu Personalausweitungen führen müssen“. Da dies vor allem Kontrollstellen vor Ort betrifft, sei sie „gespannt, wie die Länder darauf reagieren“. Den Vorwurf, dass aus dem Gammelfleischskandal keine Lehren gezogen wurden, wies die Ministerin zurück. Die Datenflüsse seien verbessert und die Bußgeld-Obergrenzen erhöht worden – von 20 000 auf 50 000 Euro. Allerdings hätten manche Firmen solche Geldbußen offenbar „schon eingepreist“. Wichtig ist aus Aigners Sicht daher auch, den Futterpanschern mit Haftstrafen zu drohen – und zwar nicht erst bei nachgewiesenem Vorsatz, sondern bereits bei grober Fahrlässigkeit. Mit dem Justizministerium werde nun beides überprüft: die Einordnung von Rechtsverstößen (als Straftat oder Ordnungswidrigkeit) sowie der Umfang der Strafandrohung.

Die Ministerin blieb dabei, dass der Dioxin-Skandal für die Bürger keine akute Gefahr bedeute. Nach Angaben ihres Hauses war der Höchstwert zwar bei jedem fünften der getesteten Eier überschritten – teilweise bis zum Vierfachen. Es sei aber unwahrscheinlich, dass jemand belastete Produkte kontinuierlich über Monate hinweg gegessen habe – und selbst wenn, bewirke dies „keine unmittelbare Gesundheitsbelastung“.

Die Frage, ob sie nach all der Kritik nicht doch an einen Rücktritt denke, quittierte Aigner mit einem „Nein“. Sie habe die Unterstützung der Kanzlerin, betonte sie – was prompt vom Regierungssprecher bestätigt wurde. Nach Aigners Selbsteinschätzung ist das kaum verwunderlich. „In meinem Haus wurden alle Schritte eingeleitet, die wir einleiten konnten.“

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