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Wohlwollen am Telefon. Der Ex-Chef darf über ehemalige Beschäftigte nur sagen, was auch in ihrem Arbeitszeugnis steht.

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Arbeitsrecht: Dürfen Personalentscheider den Ex-Chef anrufen?

Kann sich ein Arbeitgeber bei der Ex-Firma eines Bewerbers über ihn erkundigen? Das erklärt der Berliner Arbeitsrechtler Christoph Abeln.

Unser Leser fragt: Ich bin seit zwei Jahren Personalentscheider in einem mittelständischen Betrieb und habe einen etwas kuriosen Fall. Ein Kandidat hat sich bei uns beworben, der durchaus gut zum Unternehmen passen würde. Das hat sich auch beim Vorstellungsgespräch gezeigt. Doch aus verschiedenen Gründen habe ich Zweifel daran, dass das Zeugnis des bisherigen Arbeitgebers echt ist. Jetzt überlege ich: Darf ich bei seinem Ex-Chef Erkundigungen über ihn einholen?

Christoph Abeln antwortet: Ein Arbeitgeber ist natürlich sehr daran interessiert, so viele Informationen wie möglich über einen potenziellen Arbeitnehmer einzuholen. Das Problem dabei ist: Es gibt keine eindeutige gesetzliche Regelung dazu, ob ein bisheriger Arbeitgeber über einen ehemaligen Arbeitnehmer Auskunft geben darf. Grundsätzlich ist dies allerdings möglich.

Von der Arbeitnehmerseite sieht der Fall so aus: Jeder Mensch hat ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das heißt: Jeder kann selbst über seine Daten bestimmen. Eine entsprechende Grenze zieht der Grundsatz der Direkterhebung von Daten (Paragraf 4, Absatz 2, S.1 Bundesdatenschutzgesetz). Danach sollen personenbezogene Daten nur bei dem Betroffenen selbst erhoben werden. Das heißt: Daten eines Beschäftigten dürfen nur unter engen Voraussetzungen beim Ex-Arbeitgeber eingeholt werden.

Außerdem wichtig: Bewirbt sich der Arbeitnehmer aus einem noch bestehenden Arbeitsverhältnis heraus, sollten Auskunftsfragen unterlassen werden.

Grundsätzlich können sich Arbeitgeber aber beim bisherigen Unternehmen informieren. Sie sollten aber wissen, dass der ehemalige Arbeitgeber wie im Arbeitszeugnis auch im Gespräch auf die Balance von Wahrheits- und Wohlwollenspflicht zu achten hat. Die Folge: Der Ex-Chef darf nicht von seinen bereits getroffenen Aussagen im Arbeitszeugnis abweichen. Da Sie aber an der Echtheit des Zeugnisses zweifeln: Nachfragen ist zwar immer möglich. Sie müssen eben nur bedenken, an welche Pflichten sich der ehemalige Arbeitgeber zu halten hat.

In der Praxis heißt das: Der potenziell neue Arbeitgeber sollte mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers Informationen beim alten Arbeitgeber nur nach Zustimmung des Kandidaten einholen. Willigt der Arbeitnehmer ein, dürfen Informationen abgefragt werden, zumindest solche, die der neue Arbeitgeber sowieso erfragen darf, wie etwa die Aufgaben während der Beschäftigung und die Leistungen.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

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