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Thomas Greiner

© Mike Wolff

Führungswechsel: Dussmanns Bester

Thomas Greiner hat den Firmenpatriarchen von seinen Fähigkeiten überzeugt. Nun ist er Vorstandschef und will mit dem Unternehmen vor allem im ausland expandieren.

Berlin – In seinem neuen Büro im Kulturkaufhaus hängt eine Comic-Szene aus dem Geldspeicher von Dagobert Duck an der Wand, ein Original des Zeichners Carl Barks, im goldenen Rahmen. Taler raffen, knausern, reicher werden – ist das vielleicht die Vision, mit der der neue Dussmann-Vorstandschef angetreten ist?

Passen würde es irgendwie, denn Thomas Greiner ist Schwabe. Er lacht aber nur bei der Vorstellung. Das Bild hat der Finanzvorstand aufgehängt, sein Vorgänger im Büro. Greiner will es bald gegen ein Werk der Reichstagsverhüller Christo und Jeanne-Claude austauschen.

Er hat sich nach oben gekämpft im Dienstleistungskonzern Dussmann, der weltweit Gebäude managt, Krankenhäuser, Gefängnisse und Armeen mit Essen versorgt, alte Leute pflegt und damit im vergangenen Jahr 1,3 Milliarden Euro umsetzte. An diesem Freitagmorgen sitzt Greiner an einem Konferenztisch im siebten Stock, hoch über dem Berliner Kulturkaufhaus, darüber ist nur noch das Dach. Er ist sorgfältig gekleidet, die magentafarbene Krawatte passt perfekt zum Hemd, den kahlen Kopf schmückt eine Designerbrille.

Der 52-Jährige stammt aus Rottweil am Neckar – einem Städtchen, das neben einer Hunderasse auch Konzerngründer Peter Dussmann hervorgebracht hat. Auch wenn das natürlich Zufall ist: im Wettstreit um die Nachfolge des Gründers hat es sicher nicht geschadet. „Sehr kostenorientiert“ sei der Landsmann, lobte Peter Dussmann, als er ihm in der vergangenen Woche die Geschäfte übergab. Und mit den Mitarbeitern könne er auch sehr gut umgehen.

Der Gründer hatte es sich nicht leicht gemacht mit der Nachfolge. Schon vor sieben Jahren hatte er angefangen, nach einem geeigneten Kandidaten zu suchen, die eigene Tochter wollte nicht. Als der Testlauf mit zwei externen Managern scheiterte, ließ er hauseigene Kandidaten gegeneinander antreten. „Aus diesem Rennen ist Herr Greiner mit Abstand als Bester hervorgegangen“, sagte der 68-jährige Alleineigentümer, der nun als Aufsichtsratschef über die Geschicke seines Konzern wachen will, mit deutlich reduzierter Arbeitszeit.

Dass das Büro des Patriarchen nur wenige Schritte von seinem neuen Arbeitsplatz entfernt liegt, macht Greiner keine Sorgen. Er fürchte Dussmann nicht als Aufpasser, sondern schätze ihn „als engen Berater und Coach.“ Er habe viel Respekt vor dem Unternehmer, der vor 44 Jahren klein angefangen hat. „Er hat als Manager alles schon erlebt.“ Außerdem könne er „wunderbar delegieren“, sagt Greiner. „Das schafft auch Freiräume.“

Greiner schaut durch die große Glasfassade in den freundlichen Septemberhimmel. Bis März hatte noch das alte Hotel „Unter den Linden“ den Blick begrenzt, nach dem Abriss klafft hier eine riesige Baustelle. „Das ist hier keine psychotherapeutische Veranstaltung“, sagt Greiner dann in ruhigem und leicht schwäbischem Tonfall. „Entscheidend ist, dass wir ein vernünftiges Ergebnis erzielen.“

In den vergangenen zehn Jahren bei Dussmann hat er bewiesen, dass er es kann – auch wenn die Anfänge seiner Berufslaufbahn die Karriere nicht unbedingt erahnen ließen. Mit 17 war Greiner zwar jüngster Kreisvorsitzender der Jungen Union, hatte zwei Jahre später aber schon wieder die Nase voll von der Politik. Er fing an zu studieren. Erst Jura und Politikwissenschaft, später auch Psychologie und Pädagogik, in Tübingen, Paris und München. Nebenbei betrieb Greiner, dessen Eltern ein paar Lebensmittelläden führten, eine kleine Marketingfirma und drehte zwei Filme mit einem guten Freund aus Berlin. „Ich habe immer gemacht, was mir Spaß macht“, sagte Greiner, der eigentlich Strafverteidiger werden wollte. Nach 25 Semestern, er war inzwischen 32, war er fertig mit seinen gesammelten Studien, wurde Kulturamtsleiter der Stadt Rottweil, ging an die Führungsakademie Baden-Württemberg und kam durch Zufall nach Berlin. „Geh doch zu Dussmann“, hatte ihm ein Freund geraten, dem er zufällig am Stuttgarter Hauptbahnhof begegnet war.

Tat er dann auch, als Betriebspraktikant. „Das war mein Einstieg“, sagt der verheiratete Vater einer Stieftochter. Wenige Monate später machte Dussmann ihn zum Kommunikationschef, 2002 übertrug er ihm die Verantwortung für die Altenheimsparte Kursana. Als er auch hier reüssierte, berief ihn der Gründer drei Jahre später in den Vorstand. Der Rest ist bekannt. „Mein Vorteil ist, dass ich das Unternehmen gut kenne“, sagte er. „Ich weiß genau, wo unsere Stärken und Schwächen liegen.“

Er hat eine klare Vorstellung, wie es weitergehen soll. „Wir werden nicht an die Börse gehen und auch nichts verkaufen.“ Dafür kündigt er „ massive“ Investitionen ins internationale Geschäft an. In China, Vietnam, Russland und den arabischen Staaten gebe es noch großes Potenzial, sagt Greiner, der künftig ein Drittel seiner Zeit auf Reisen verbringen wird. Die Zeit fürs Joggen im Wilmersdorfer Volkspark, die Oper und Ausflüge nach Usedom wird dagegen knapper.

In 26 Ländern ist Dussmann bereits aktiv, nicht überall läuft es rund. Den Rückzug aus dem US-Markt Anfang 2007 hatte Peter Dussmann als größten Misserfolg seiner Karriere bezeichnet. Greiner schreckt das nicht. Mit dem Risiko müsse man leben, sagt er. Noch in diesem Jahr will er 1000 neue Arbeitsplätze schaffen, 100 davon in Berlin und Brandenburg. Alle Sparten seien gut aufgestellt, sagt er, geizt aber im Vorfeld der Bilanzpräsentation noch mit Details. So gesehen ist Thomas Greiner dann doch wieder sehr schwäbisch.

Maren Peters

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