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Steuererklärungen: Ein Fünftel der Rentner liegt falsch

Die Überprüfung der Rentner stellt den Fiskus vor größere Herausforderungen als erwartet: Obwohl die Finanzämter bereits seit Oktober mit Millionen von Rentenbezugsmitteilungen überschüttet werden, können sie diese Daten bislang nicht auswerten.

Berlin - Die Überprüfung der Rentner stellt den Fiskus vor größere Herausforderungen als erwartet. Obwohl die Finanzämter bereits seit Oktober mit Millionen von Rentenbezugsmitteilungen überschüttet werden, können sie diese Daten bislang nicht auswerten. Frühestens im Mai werden die Ämter die Software geliefert bekommen, mit der sie die Steuererklärungen der Rentner kontrollieren können, sagte Dieter Ondracek, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, dem Tagesspiegel. „Die ersten Rückforderungen wird es im Sommer geben“, prognostiziert Ondracek. Die Software, mit der die Finanzämter überprüfen, ob Rentner ihre Einnahmen in der Vergangenheit richtig angegeben haben, wird derzeit in Nordrhein-Westfalen entwickelt und dort im März in den Finanzämtern getestet.

Wegen des großen Aufwands wird nicht jeder Steuerzahler überprüft; die EDV fischt nach geheimen Prüfkriterien einzelne Rentner heraus. Ein erster Probelauf hat aber bereits zu überraschenden Erkenntnissen geführt: „Die Zahl der Rentner, die Steuern nachzahlen müssen, und die Zahl der Rentner, die zu viel Steuern gezahlt haben, halten sich in etwa die Waage“, berichtet Manfred Lehmann, Chef der Steuergewerkschaft in NRW. 20 bis 25 Prozent der Steuererklärungen sind falsch, schätzt der Experte.

Das Problem: Für den Fiskus ist es viel leichter, Steuern nachzufordern, als zu viel gezahlte Steuern zu erstatten. Hat der Rentner seine Einnahmen zu niedrig angegeben und daher zu wenig Steuern gezahlt, kann die Finanzverwaltung unter Berufung auf die neuen Tatsachen den Steuerbescheid nachträglich ändern, betont Lehmann. Steuerbescheide, bei denen die Rentner ihre Einnahmen dagegen zu hoch angesetzt haben oder ihre Betriebs-, Privat- oder Staatsrente in die falsche Rubrik eingetragen und im Ergebnis zu viel Steuern gezahlt haben, werden dagegen wirksam. Nur wenn der Steuerbescheid „offensichtlich unrichtig“ ist, könne der Steuerzahler auf eine Erstattung hoffen, warnt Lehmann.

Um das zu überprüfen, müssten die Finanzbeamten jedoch erheblichen Aufwand betreiben. Sie müssten die Steuererklärungen der Rentner aus den früheren Jahren zur Hand nehmen und überprüfen. „Die liegen aber längst im Keller“, weiß Lehmann. Der Rechercheaufwand kostet: Mindestens 120 Euro pro Fall könnten da zusammenkommen. Das steht in keinem Verhältnis zu den möglichen Rückzahlungsansprüchen, die sich zwischen 50 und 200 Euro bewegen, dürften, schätzt Lehmann.

Wie die Behörden mit solchen Fällen umgehen werden, ist noch unklar. „Jede Oberfinanzdirektion kann das selbst entscheiden“, sagt Lehmann. Je nachdem, wie die Finanzverwaltung die Software einstellt, bleiben mehr oder weniger Fälle übrig. „Die Steuern werden bei allen gleich erhoben, aber die Prüfungen müssen nicht identisch sein“, räumt auch ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums ein. Allerdings wäre es einem Rentner in Berlin schwer zu vermitteln, wenn er leer ausginge, ein Rentner in Hamburg dagegen eine Rückzahlung bekäme. Daher wollen die Länder gemeinsam mit dem Bund eine einheitliche Linie finden.

Doch die Zeit drängt. Rückzahlungsansprüche der Rentner verjähren vier Jahre nach Abgabe der Steuererklärung. Wer 2006 zu viel Steuern gezahlt hat, muss also in diesem Jahr mit dem Finanzamt abrechnen. Die drohende Verjährung ist der Grund, warum sich der Fiskus in diesem Jahr erst einmal mit den Rentnern beschäftigt, die bereits Steuererklärungen gemacht haben. Im nächsten Jahr steht die nächste Herkulesaufgabe an. Dann nehmen sich die Finanzämter die vor, die bislang gar keine Steuererklärung gemacht haben. Heike Jahberg

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