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Hintendran statt vorneweg: RWE verliert viel Geld durch den Anti-Atomkurs.

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Atomausstieg: Ein teurer Tag für die Versorger

Reaktionen der Wirtschaft zum Atomausstieg bis 2022: Die Aktienkurse von Eon und RWE sacken ab, während die Branche der erneuerbaren Energien frohlockt.

Berlin - Nach dem Beschluss der schwarz-gelben Regierung zum Ausstieg aus der Atomkraft sind die Aktien der Energieversorger am Montag stark unter Druck geraten. Eon-Papiere verloren bis zum Börsenschluss knapp 2,4 Prozent, RWE-Aktien verbilligten sich um 2,0 Prozent. Damit gehörten sie zu den Schlusslichtern im Dax. Den Unternehmen entgehen durch den Plan, spätestens 2022 alle deutschen Meiler vom Netz zu nehmen, Gewinne von rund einer Million Euro pro Tag und Kraftwerk. Die Konzerne ließen offen, ob sie gegen den Beschluss vor Gericht ziehen wollen. Für die Bürger bedeutet das Vorhaben steigende Stromkosten, fürchten Verbraucherschützer. Die Industrie warnt vor einem solchen Szenario.

Analysten erklärten die Kursstürze mit der enttäuschten Hoffnung des Marktes, die Regierung werde die Brennelementesteuer wieder abschaffen. Wie stark sich der Atomausstieg auf die Gewinne der Konzerne auswirken wird, wollten diese nicht sagen. Acht der 17 Meiler sollen nach dem Willen der Politik nicht wieder ans Netz gehen, die übrigen neun bis 2022 abgeschaltet werden. Schon bislang rechnet RWE mit einem Rückgang des Betriebsergebnisses um 20 Prozent. Im Detail will sich das Unternehmen bei der Vorlage der Halbjahreszahlen äußern.

Zu der Frage einer Klage gegen den Beschluss hielten sich die Unternehmen zurück. Man müsse zunächst die Details prüfen, erklärten mehrere Sprecher. „Wir nehmen die Entscheidung erst einmal zur Kenntnis“, sagte eine Vattenfall-Sprecherin. Man behalte sich juristische Schritte vor, betonte ein RWE-Sprecher. Derzeit klagt RWE als einziger deutscher Atomkonzern gegen das Moratorium der Bundesregierung, das die vorübergehende Abschaltung von Altmeilern bewirkt hat.

Verbraucherexperten rechnen nun mit steigenden Strompreisen. In den kommenden gut zehn Jahren müssten bis zu 120 Terawattstunden Strom ersetzt werden, sagte Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Dies werde zu höheren Kosten führen. Wie stark dies die Preise treibe, sei abhängig davon, auf welche Weise man den nun wegfallenden Strom produziere. Von den erneuerbaren Energien sei Windkraft an Land der billigste Weg.

Der Industrieverband BDI warnte vor höheren Energiepreisen für die Industrie. Der Ausstieg berge „große Risiken“, sagte Verbandspräsident Hans-Peter Keitel. Angesichts der vielen damit verbundenen Punkte forderte er „die Möglichkeit zum Nachjustieren – auch auf der Zeitschiene“. Den Ausstieg „ohne Netz und doppelten Boden“ nannte er „eine abenteuerliche Vorstellung für ein hoch entwickeltes Industrieland“.

Die Anbieter von Öko-Energie äußerten sich dagegen zufrieden. Die Branche bekomme die Planungssicherheit zurück, die sie mit der Laufzeitverlängerung im letzten Herbst verloren habe, sagte Dietmar Schütz, Präsident des Bundesverbandes der Erneuerbaren Energien (BEE). Im Verbund aus Wind-, Solar- und Bioenergie sowie Wasserkraft und Erdwärme könnten die erneuerbaren Energien den Atomstrom schon vor dem Jahr 2020 ersetzen, versicherte er. Schütz warnte davor, neue Hürden für die Branche zu errichten, etwa durch die Kürzung der Wind- oder der Solarförderung.

Die Kurse der Branchenunternehmen stiegen am Montag denn auch deutlich. Der Branchenindex für Regenerative Energien, Renixx World, kletterte um 1,6 Prozent ins Plus. Er weist die Werte der 30 weltgrößten an den Börsen notierten Firmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien aus. Darunter befinden sich drei deutsche Konzerne. Der Kurs des Rostocker Windkraftanlagen-Bauers Nordex stieg um mehr als 13 Prozent. Der Solarkonzern SMA Solar aus Nistetal bei Kassel kletterte bis zum Börsenschluss um 4,5 Prozent ins Plus auf einen Wert von zwischenzeitlich 73,80 Euro. Das dritte Unternehmen im Renixx, das Bonner Solarunternehmen Solarworld, legte zeitweise um mehr als neun Prozent zu. mit dpa, AFP

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