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Mit Strom fahren in Berlin derzeit rund 1000 Autos, für die es 100 Ladestationen gibt.

© ZB-Funkregio

Elektromobilität in Berlin: Mit 100 000 Volt durch die Stadt

Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer besucht Projekte der Elektromobilität in der Hauptstadt und ist begeistert.

Berlin - Die Senatorin ist vielseitig verwendbar. Als eine Art Fotomodell neben einem Elektromotor, der auch das Papamobil in Rom antreibt; hinter dem Lenkrad eines elektrischen Lkw, ein „toller Arbeitsplatz“, wie Cornelia Yzer meint; auf einem Segway mit einem Paketkarren hinten dran oder im Hof des Europäischen Energieforums (Euref), wo sie ein Auto vor und zurück bewegt. Wirtschaftssenatorin Yzer (CDU) ist an diesem Freitagvormittag unterwegs, um die „Leitmetropole der Elektromobilität“ zu erkunden. Als Stadtführer fungiert Gernot Lobenberg, der Leiter der Agentur für Elektromobilität (Emo). Von einer „100 000- Volt-Tour“ spricht Yzer, und los geht es in einem Wasserstoffbus. Seit einigen Jahren testet die BVG vier dieser Busse im Linienbetrieb; 2014 kommen acht Batteriefahrzeuge hinzu. Es geht in kleinen Schritten voran, und auch die wenigen Busse sollen dazu beitragen, Berlin zur „Referenzstadt“ (Yzer), zur „Leitmetropole in Europa“ (Lobenberg) zu machen.

Wie das funktionieren kann, erläutert Rolf Schmid, der Chef des Continental-Werks für Elektromotoren. Fast 100 seiner 120 Mitarbeiter sind Ingenieure. „Berlin hat ein riesiges Potenzial und ist super-attraktiv für Talente“, sagt Schmid. Conti baut hier im Moabiter Werk Elektromotoren für Renault und hat ein Joint- Venture zur Entwicklung von Batterien mit der südkoreanischen SK gegründet, das von Berlin aus gesteuert wird und auch schon mehr als 100 Personen beschäftigt. Yzer freut sich über einen in Moabit entwickelten elektrischen Motor, der ohne seltene Erden funktioniert. „Wir wollen, dass das Neue, das in die Welt kommt, aus Berlin kommt.“

Für Grundlagenforschung mit Anwendungsbezug steht sei Jahrzehnten das Fraunhofer-Institut für Produktion und Konstruktion (IPK). Die Ingenieure befassen sich hier nicht mit Personen-, sondern mit Güterverkehr: dem „leisen Laster“, der auch in der Nacht durch die Stadt fährt und dabei nicht den Schlaf stört. Elektroantrieb macht es möglich. In einem Pilotversuch mit einer brandenburgischen Speditionsfirma wird getestet, ob die Nachtzustellung überhaupt realistisch ist. Im konkreten Fall geht es um die Belieferung von Textilhändlern wie C & A. „Wir wollen ein Berliner Logistiksystem entwickeln“, sagt IPK-Chef Eckart Uhlmann: Weniger Lärm, weniger Dreck, weniger Verkehr.

„Fahren, laden, speichern, vernetzen“ sind die Stichworte, mit denen Yzer die Entwicklungsschwerpunkte der Elektromobilität beschreibt. Was es dazu alles gibt, ist bei einer kleinen Bustour nicht zu erfahren. Allein im Schaufenster Elektromobilität gibt es Lobenberg zufolge 30 Kernprojekte. Berlin-Brandenburg ist neben Baden-Württemberg (Daimler, Porsche, Bosch), Bayern/Sachsen (BMW, Audi, Siemens) und Niedersachsen (VW, Conti) eines von vier Schaufenstern, in denen in den nächsten Jahren alle möglichen Dinge rund um die Elektromobilität ausgestellt werden. Dazu gibt allein der Bund 180 Millionen Euro.

In der „Hauptstadt des Carsharing“, wie Lobenberg Berlin nennt, soll beispielsweise das Netz an Ladestationen für die E-Autos von heute 100 auf 800 verdichtet werden. Von 2000 Carsharing-Fahrzeugen in Berlin fahren aktuell 200 elektrisch. Der Einsatz in solchen Carsharing-Flotten, ebenso wie Transporter, Busse oder Firmenfahrzeuge, wird in den kommenden Jahren zunehmen. Auch mithilfe der Politik. Yzer will die „Elektrifizierung des Landesfuhrparks anstoßen“. Die Berliner Polizei testet bislang elf Batterieautos, davon neun auf Streife. Auf dem privaten Automarkt dagegen erwartet Lobenberg erst ab 2017 richtig Schwung. Dann wird aber auch die Zeit knapp, um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen: bis 2020 eine Millionen Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen.

Als „Labor“ versteht sich die Plattform Elektromobilität am Gasometer in Schöneberg. Hier gibt es viel zu sehen, Anlagen zur Energieerzeugung, Autos, Lademasten und eine Werkstatt, in der Räder gebaut werden. Öffentliche Fördermittel von insgesamt 500 000 Euro haben dem Rad auf die Straße geholfen. 100 Kilogramm kann man laden und dann elektrisch mit 25 km/h durch die Stadt düsen. Rund 4500 Euro kostet das „weltweit erste Elektrolastenrad“, wie der Entwickler sagt. Berlin ist wieder mal vorn.

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