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Wirtschaft: Energie kostet Kaufkraft

Bundesbank gegen Konjunkturprogramm / DIW: Wirtschaft tritt auf der Stelle

Frankfurt am Main/Berlin - Die hohen Energiepreise bedrohen nun auch das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Nach Berechnungen der Bundesbank entzieht die teure Energie den deutschen Verbrauchern fast so viel Kaufkraft wie die höhere Mehrwertsteuer. In diesem Jahr könnte unter dem Strich Energie im Wert von gut 82 Milliarden Euro importiert werden, das sind 23 Milliarden Euro mehr als 2007, wie die Bundesbank am Montag in ihrem Monatsbericht erklärte. „Damit würde der energiebedingte Kaufkraftentzug rechnerisch betrachtet fast den Umfang des auf die Erhöhung der Mehrwert- und Versicherungssteuer zum 1. Januar 2007 zurückgehenden Kaufkraftentzugs erreichen.“

Im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt bedeute dies einen Anstieg der energiebezogenen Kosten um rund einen Prozentpunkt auf etwa 3,25 Prozent. Diese Relation liege um ein Viertel über der entsprechenden Größe in der ersten Ölpreiskrise Mitte der 70er Jahre, aber noch um rund ein Drittel unter der Belastungsspitze in der zweiten Krise Anfang der 80er Jahre. Auch wenn der Preis für ein Fass Rohöl seit dem Rekordhoch von 147 Dollar Mitte Juli um rund 30 Dollar gesunken sei, dürfte sich die Energieimportrechnung Deutschlands in diesem Jahr kräftig erhöhen, teilte die Bundesbank weiter mit. Dies schmälere das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte.

Für Entlastung hätten in den vergangenen Jahren allerdings das Aufkommen energiesparender Techniken und Produktionsverfahren sowie der Strukturwandel gesorgt. Denn das energieintensive Verarbeitende Gewerbe habe an Bedeutung verloren, der Dienstleistungssektor hingegen gewonnen. Zwischen 2003 und 2008 habe die größere Energieeffizienz zwar die Kosten gedämpft. Auch die Euro-Aufwertung habe sich hier positiv bemerkbar gemacht. Dennoch hat die Verteuerung von Energieträgern den Verteilungsspielraum in Deutschland der Bundesbank zufolge erheblich eingeengt. „Letztlich können derartige Realeinkommenseinschränkungen gesamtwirtschaftlich betrachtet kurzfristig nicht vermieden werden.“ Versuche, wie in den 70er Jahren und Anfang der 80er Jahre, dies über höhere Lohnabschlüsse auszugleichen, führten aber nur zu einer Lohn-Preis-Spirale und gefährdeten Arbeitsplätze im Inland.

Die Bundesbank warnte in diesem Zusammenhang auch vor einem kreditfinanzierten Konjunkturprogramm der Bundesregierung. Ein Konjunkturpaket erscheint den Bankern „angesichts der gesamtwirtschaftlichen Perspektiven nicht angebracht“. Aus heutiger Sicht sei keine Abwärtsspirale zu erwarten, wohl aber eine Durststrecke für das zweite Halbjahr. Der erstmalige Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal 2008 sei auch eine Gegenreaktion auf das erste Quartal, als Sondereffekte zu einem besonders kräftigen Wachstum führten. Kreditfinanzierte Maßnahmen würden zudem den Bundeshaushalt „umgehend wieder in eine Schieflage bringen“, heißt es im Monatsbericht weiter.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin will nicht von einer Rezession sprechen. Die deutsche Wirtschaft trete in den Sommermonaten praktisch auf der Stelle, für das 3. Quartal sei eine Stagnation zu erwarten, schreiben die Berliner Wissenschaftler in ihrem jüngsten Konjunkturbericht. Allerdings rechnet das DIW damit, dass sich die Inflation in der zweiten Jahreshälfte abschwächen wird, und deshalb die Kaufkraft der privaten Haushalte gestärkt werde. Die Binnennachfrage werde neue Impulse erhalten. Der Beschäftigungsstand bleibe hoch. Daniel Rhee-Piening

Daniel Rhee-Piening

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