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Miss Energiewende. Claudia Kemfert leitet die Energieabteilung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin und lehrt als Professorin an der Hertie School of Governance.

© dapd

Energie-Ökonomin Kemfert: Die Energiewende erreicht den Boulevard

In ihrem neusten Buch legt sich Deutschlands wohl prominenteste Energie-Expertin Claudia Kemfert vom DIW mit den Kritikern der Energiewende an - von Eon bis FDP. Bei ihrem Mentor Klaus Töpfer sorgt vor allem der Stil einer "Kampfschrift" für Stirnrunzeln.

Berlin - Warum die Strompreise zum Jahreswechsel gestiegen sind, erfuhren Millionen Haushalte im November per Briefpost von ihrem Stromversorger. „Wesentliche Gründe für die Preisanpassung sind die stark gestiegene EEG-Umlage und weitere Steuern und Abgaben“, schrieb Vattenfall seinen Kunden. Bei anderen Versorgern und einigen Politikern war und ist schlicht von „den Erneuerbaren“ als „Preistreiber“ die Rede. Für Differenzierungen ist da kein Platz – schon gar nicht im Wahlkampfjahr.

Nun hat sich auch die anerkannte Energieexpertin Claudia Kemfert, Leiterin der Energieabteilung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, mit ihrem neuen Buch in die Niederungen dieser Debatte gewagt: „Kampf um Strom. Mythen, Macht und Monopole“ (Murmann, 14,90 Euro, 140 Seiten) lautet der Titel. Ein Hochspannungsmast und ein Blitz zieren den Band, als sei hier ein Horrorthriller zu erwarten. Der Leser bekommt weniger haarsträubende (aber wahre) Geschichten aus der Halbwelt zwischen Politik und Lobby geboten. Dafür Meinung, Meinung und noch mehr Meinung, gewürzt mit Anekdoten aus dem öffentlichen Raum und lesefreundlich dosierten Zahlen. Sie sei jetzt nicht mehr neutral, räumt Kemfert auf den ersten Seiten ein – und arbeitet sich dann an den Mythen der Energiewende ab, die „von der anderen Seite“, von Eon, RWE, Vattenfall und EnBW (und der FDP) gepflegt würden: die Angst vor Blackouts, explodierenden Preisen, dem Kosten-Tsunami und der Deindustrialisierung Deutschlands. Von „Falschaussagen und Halbwahrheiten“ sprach Kemfert bei der Vorstellung am Dienstag in Berlin. „Mein Anliegen ist es, die Debatte zu versachlichen.“

Letzteres dürfte ihr mit der Kampfschrift für den Boulevard nicht gelingen. Das hielt auch Energiewende-Guru Klaus Töpfer, der das Buch mit vorstellte, fest. Er hätte sich etwas weniger Polemik gewünscht. Allerdings nenne Kemfert an vielen Stellen sehr wichtige Punkte. „Insgesamt ein lesenswertes Buch“, so Töpfer. Man wolle es gar nicht aus der Hand legen. Das scheint eine gute Voraussetzung dafür, auch jene zu erreichen, die sich sonst nur bei ihrem Energieversorger über die Energiewende informieren. Kevin P. Hoffmann

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