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Es wird erwartet, dass rund die Hälfte der weltweiten Impfstoffdosen auf dem Luftweg transportiert werden wird.

© Sakchai Lalit

"Entwicklung ist nur das halbe Problem": Wie der Impfstoff auf der Welt verteilt werden soll

Fluglinien, Airports und Logistik-Konzerne bauen an der "größten Luftbrücke, die es je gab" - für den globalen Transport der Covid-19-Impfstoffe.

Es soll das weltgrößte Drehkreuz für Covid-19-Impfstoffe werden. In Dubai baut der Flughafen gerade ein Frachtterminal in eine Art riesigen Hightech-Kühlschrank um. Dort können Millionen Impfstoffdosen während des Transits zwischenlagern, bevor Frachtflugzeuge sie weiter in andere Regionen transportieren. "Durch unsere geografische Lage können wir zwei Drittel der Weltbevölkerung in einem Acht-Stunden-Flugradius erreichen", trommelt Emirates-Chef Ahmed bin Saeed Al Maktoum.

Während die Welt auf die Zulassung von Impfstoffen wartet und Pharmakonzerne wie Pfizer und Biontech schon die Produktion hochfahren, arbeitet der Luftverkehr an einer Lieferkette, die es in sich hat. 8000 Frachtflüge mit einer Boeing 747 würde es brauchen, um alle Menschen auf dem Luftweg mit einer Dosis zu versorgen, schätzt die International Air Transport Association und spricht von der "Mission des Jahrhunderts".

Lieferkonzerne wie FedEX und UPS bereiten sich darauf genauso vor wie Flughäfen und Airlines. Atlas Air Worldwide, eine der größten Frachtfluglinien, die auch für DHL und Amazon fliegt, reaktiviert gerade in der Wüste geparkte Jumbojets. Die Cargo-Töchter von Qatar Airways, Etihad, Korean Air Lines und Cathay Pacific bauen ihre Transportkapazitäten für Pharmaprodukte aus. Dabei wissen die Unternehmen noch nicht, wie viele Impfdosen sie wann wohin transportieren werden.

Mit Entwicklung des Impfstoffe ist es nicht getan

Das hängt auch davon ab, welche Pharmariesen das Rennen machen und wie schnell und wo sie die Produktion ausbauen. "Die Entwicklung eines Impfstoffs ist nur das halbe Problem. Die größere Herausforderung wird die Verteilung von Impfstoffdosen in einem unvorstellbaren Umfang sein", glaubt Linus Benjamin Bauer, Luftverkehrsexperte an der City, University of London. "Es wird die voraussichtlich größte Luftbrücke für eine einzelne Ware sein, die es je gab."

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Es werde erwartet, dass rund die Hälfte der weltweiten Impfstoffdosen auf dem Luftweg transportiert werden wird. Zwar starten die Unternehmen nicht bei null. Medikamententransporte sind Routine im Luftverkehr genau wie die Verteilung von Millionen Impfstoffdosen, etwa vor der Grippezeit. Aber in der Pandemie sind die Kapazitäten um rund ein Drittel geschrumpft, weil viel weniger Passagiermaschinen abheben, die auch Fracht aufnehmen.

Das hat in den vergangenen Monaten auch bei den pharmazeutischen Lieferketten zu Unterbrechungen geführt. Noch Mitte Oktober waren nur 28 Prozent der Luftfrachtunternehmen nach eigenen Angaben ausreichend vorbereitet, so eine Umfrage der International Air Cargo Association. "Ich denke nicht, dass wir so weit sind", sagte Emir Pineda, Frachtchef am Flughafen in Miami. "Wenn hier plötzlich 20 oder 30 Charterflugzeuge vollgeladen mit Impfstoffen landen, um sie in ganz Amerika zu verteilen, dann haben wir ein Problem."

Stoffe müssen ununterbrochen gekühlt werden

Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen will kurzfristig in die Infrastruktur investieren. Der größte Engpass ist dabei nicht die Zahl der Flugzeuge, sondern die technische Ausstattung und das nicht nur in der Luft, sondern auch auf dem Boden. Impfstoffe müssen ununterbrochen gekühlt werden. Die genauen Temperaturen können sich nach der Art des Vakzins unterscheiden - bei einigen, die sich in der Entwicklung befinden, reicht knapp über null Grad, bei anderen müsste es bis minus 70 Grad kalt sein.

Der Frankfurter Flughafen war schon vor Corona einer der größten Umschlagplätze für Medizinprodukte in Europa. Lufthansa Cargo betreibt dort ein Pharma Hub. Die "temperaturgeführten Umschlagflächen", wie die Riesenkühlschränke offiziell heißen, werden gerade ausgebaut. In Thermotransportern werden die Impfstoffe vom Flugzeug zum Hightech-Hangar gebracht.

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Weltweit betreibt Lufthansa an mehr als 30 Flughäfen solche Pharma-Stationen - in München wurde sie erst im August in Betrieb genommen. Eine eigene Task-Force bereitet die Cargo-Sparte gerade auf verschiedene Szenarien vor. Je nachdem, welche Hersteller zuerst grünes Licht bekommen und mit wem diese Lieferverträge abschließen, könnten Mengen und Strecken ganz anders ausfallen.

Mit Frankfurt, München sowie den Fracht-Drehkreuzen in Leipzig und Köln sei Deutschland "im Vergleich zu vielen anderen Länder auf der Welt sehr gut aufgestellt", sagt Luftfrachtexperte Bauer. Allerdings könnte es nötig werden, Nachtflugverbote wie in Frankfurt für die Impfstoff-Luftbrücke eine Zeit lang aufzuheben. Ganz anders ist die Lage in Weltregionen, wo es keine Kühlinfrastruktur an den Flughäfen und auf der "letzten Meile" gibt - das trifft auf viele Länder in Afrika, Südamerika und Asien zu.

Die Staaten, die bereits über sichere Kühlketten für Impfstoffe verfügen, könnten 2,5 Milliarden Menschen versorgen, so eine Studie von McKinsey und DHL. Das Impfen der anderen zwei Drittel der Erdbevölkerung in möglichst kurzer Zeit werde dagegen besonders schwierig.

Felix Wadewitz

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