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Wirtschaft: „Er könnte es können“

Die Gewerkschaften fordern von Mehdorns Nachfolger einen neuen Stil – und mehr Service

Berlin - Noch scheuen sich die führenden Gewerkschafter bei der Bahn, den Namen des designierten Konzernchefs Rüdiger Grube in den Mund zu nehmen. „Er könnte es können“, sagte der GDBA-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel am Donnerstag über den Daimler-Manager. Kennengelernt hat man sich bislang nur flüchtig, am Mittwochabend für 20 Minuten bei Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und dann noch einmal in einem Gespräch am Donnerstag.

Die Vertreter der Arbeitnehmer, die Noch-Chef Hartmut Mehdorn das Vertrauen entzogen hatten, wollen am Montag darüber befinden, ob sie Grube im Aufsichtsrat ihre Stimme geben. Es gibt eine lange Forderungsliste an den Neuen. „Er muss den Vertrauenverlust wettmachen, der durch die Datenaffäre entstanden ist“, sagte Hommel dieser Zeitung. Und er müsse offen mit den Mitarbeitern umgehen. Außerdem müssten Gleisnetz und Betrieb unter einem Dach bleiben und der konzerninterne Arbeitsmarkt erhalten werden. Trotzdem soll sich die Strategie ändern. „Der neue Mann darf den Konzern auf keinen Fall grenzenlos auf der Kostenseite optimieren. Die Bahn muss sich mehr den Kunden zuwenden und mehr Service bieten, das würde auch mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich sichern“, erklärte Hommel. Sein Kollege von der größeren Gewerkschaft Transnet, Alexander Kirchner, verlangte ein Zukunftskonzept der Politik für die Bahn.

Am Dienstag hatte sich die Koalition auf den neuen Mann geeinigt. Die Politik lobte sich dafür, rasch einen Nachfolger für Mehdorn gefunden zu haben, der am Montag seinen Rücktritt angeboten hatte. Grube, 57, soll die Bahn nach der Datenaffäre aus der Krise führen. Der Daimler-Strategievorstand sei ein „exzellenter Fachmann mit breitem Fachwissen und großer Erfahrung, der sich im deutschen Mobilitätsgeschäft wie auch auf dem internationalen Parkett auskennt“, sagte Tiefensee. „Die Stärke der Bahn rührt vom Geschäft in Deutschland her.“ Grube werde einen starken Fokus auf eine hohe Dienstleistungsqualität hierzulande legen.

Er habe dem Aufsichtsrat vorgeschlagen, Grube an die Spitze sowohl des Bahn-Konzerns als auch der Transporttochter Mobility Logistics zu wählen. Wie es hieß, soll die Sitzung kommende Woche stattfinden, der Amtsantritt Grubes noch im Mai. Zeitweise hatte die Union eine Doppelspitze erwogen, um einen Börsengang zu erleichtern. „Das wäre der Anfang vom Ende des integrierten Konzerns gewesen“, sagte Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) dem „Handelsblatt“.

Die weitere Besetzung des Vorstands will der Bund Grube überlassen. „Wir können ihm keinen neuen Finanzvorstand vor die Nase setzen, den soll er sich selber suchen“, hieß es in Regierungskreisen. Der seit 1991 amtierende Finanzchef Diethelm Sack wird mit Mehdorn die Bahn verlassen.

Umweltverbände kritisierten die Wahl Grubes. Einen Auto- und Luftfahrt -Manager an die Spitze der Bahn zu stellen sei „in etwa so, als ob ein Metzgermeister zum Chefkoch eines Vegetarier-Restaurants gekürt wird“, sagte Michael Gehrmann vom Verkehrsclub Deutschland.

Derweil traf sich Mehdorn mit dem Chef des Aufsichtsrats, Werner Müller, um über die Aufhebung seines bis 2011 laufenden Vertrages zu verhandeln. Entscheidungen seien dabei aber noch nicht gefallen, hieß es. Carsten Brönstrup

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