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Klare Ansage. EU-Kommissionspräsident Barroso erwartet mehr Respekt vor den europäischen Institutionen.

© dpa

Euro-Bonds: Barroso kanzelt Merkel ab

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso verteidigt die Einführung von Euro-Bonds gegen Kritik aus Deutschland.

Mit einem dramatischen Appell hat EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch für eine engere Verzahnung der Eurostaaten und eine ernsthafte Debatte zur Einführung von Euro-Bonds geworben. „Ich wähle meine Worte genau: Ohne eine viel stärkere Steuerung der Eurozone wird es schwer, wenn nicht unmöglich, den Euro zu behalten“, sagte der Portugiese bei der Vorstellung eines Maßnahmenpaketes zur Beilegung der Schuldenkrise. EU-Währungskommissar Olli Rehn ergänzte, nun seien „außergewöhnliche Maßnahmen notwendig“.

Barroso verteidigte die Präsentation von drei Modellen von Gemeinschaftsanleihen gegen Kritik vor allem aus Deutschland. Es sei die vertragsgemäße „Pflicht“ der EU-Kommission, auf das entsprechende Ansinnen des Europaparlaments zu reagieren. Er stellte zudem klar, dass Brüssel damit nur eine Diskussion anrege und „noch keine Entscheidung über das bevorzugte Modell gefallen“ sei. Die Mitgliedstaaten und auch alle anderen Interessierten haben nun bis zum 8. Januar Zeit, um ihre Meinung kundzutun.

Barroso wies die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel zurück, die EU-Kommission signalisiere, dass allein Euro-Bonds die Krise lösen könnten. Auch seine Behörde halte bei den beiden effektivsten Euro-Bonds-Modellen Vertragsänderungen für unabdingbar. Diese „werden die aktuelle Krise nicht lösen und ersetzen auch nicht die Spar- und Reformanstrengungen, die die Mitgliedstaaten unternehmen müssen“, sagte Barroso. Die Kommission betonte zudem, die gemeinsame Übernahme der Schuldenhaftung sei „nur wünschenswert und machbar, wenn zugleich die Haushaltsdisziplin gestärkt wird“.

EU-Kommissionspräsident Barroso sagte mit Blick auf das deutsche Nein zu Euro-Bonds, es gehe nicht darum, den größten Mitgliedstaat der EU in eine Ecke zu drängen. Jedoch mahnte er „eine Debatte ohne Dogmen“ und „ angemessenen Respekt vor den europäischen Institutionen“ an. Er erinnerte daran, dass sein Vorschlag, den Euro-Rettungsschirm auszuweiten und flexibler zu machen, noch vor knapp einem Jahr ähnlich harsche Reaktionen ausgelöst habe. „Jetzt haben die Mitgliedstaaten etwas vereinbart, von dem sie anfangs sagten, sie würden es nie akzeptieren“, sagte Barroso. „Manchmal ist die Realität der beste Lehrer.“

Der Kommissionschef legte zudem zwei Gesetzentwürfe für eine noch stärkere Haushaltskontrolle der Eurostaaten vor. Sollten sich die 27 EU-Regierungen und das Europaparlament darauf verständigen, bedeutete dies eine klare Verschärfung der Brüsseler Kontrollmöglichkeiten. So müssten die Mitgliedstaaten nicht nur bis zum 15. Oktober eines jeden Jahres ihren Etatentwurf für das kommende Jahr vorlegen, sondern auch akzeptieren, wenn die EU-Kommission ein Abweichen von der vereinbarten Linie erkennt und ein neues Budget verlangt: „Wir wären auch bereit, die Änderungswünsche vor den nationalen Parlamenten vorzutragen“, sagte EU-Währungskommissar Rehn. Er will darüber hinaus Länder, deren Refinanzierung an den Finanzmärkten schwierig wird – wie derzeit im Fall von Italien, Spanien, Frankreich oder Belgien – automatisch überwachen lassen.

Dies soll so weit gehen, dass die EU-Kommission dem Finanzministerrat vorschlagen kann, dass ein Land unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen soll. Bisher muss ein Land die Hilfe beantragen, die an sehr strenge Bedingungen geknüpft ist. „Die Erfahrung hat gelehrt“, sagte Olli Rehn, „dass die Länder damit bis zum letzten Augenblick gewartet und so die Krise in der Eurozone verschlimmert haben“.

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