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Wirtschaft: Europas Wunderwaffefür mehr Beschäftigung

Die Vorschläge vom Amsterdamer Gipfel sind nicht taufrischVON THOMAS GACK Brüssel.Es klang, als ob den 15 Staats- und Regierungschefs beim Amsterdamer EU-Gipfeltreffen in der vergangenen Woche als Ausweg aus dem Streit über eine gemeinsame Beschäftigungspolitik etwas Neues eingefallen wäre: Die Europäische Investitionsbank (EIB), die Finanzierungsinstitution der EU, soll mit ihren günstigen Krediten verstärkt den kleinen und mittleren Betrieben unter die Arme greifen.

Die Vorschläge vom Amsterdamer Gipfel sind nicht taufrischVON THOMAS GACK

Brüssel.Es klang, als ob den 15 Staats- und Regierungschefs beim Amsterdamer EU-Gipfeltreffen in der vergangenen Woche als Ausweg aus dem Streit über eine gemeinsame Beschäftigungspolitik etwas Neues eingefallen wäre: Die Europäische Investitionsbank (EIB), die Finanzierungsinstitution der EU, soll mit ihren günstigen Krediten verstärkt den kleinen und mittleren Betrieben unter die Arme greifen.Denn sie seien am ehesten in der Lage, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die neuen sozialistischen Regierungen in Frankreich und Großbritannien hatten angesichts der 18 Millionen Arbeitslosen in der Europäischen Union zu neuen beschäftigungspolitischen Initiativen gedrängt.Doch Bonn bremste und stimmte dem beschäftigungspolitischen Kapitel im neuen EU-Vertrag nur unter einer Bedingung zu: Es darf kein neues Geld kosten und weder das EU-Budget noch die ohnehin leeren Staatskassen der 15 belasten.Als Wunderwaffe im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit bot sich da die Luxemburger EIB an.Der Amsterdamer Gipfel beauftragte die Investitionsbank, in den nächsten Monaten zu prüfen, wie sie künftig gezielt Projekte durch zinsgünstige Kredite fördern kann, die besonders viele Arbeitsplätze schaffen.Die Luxemburger Bank, deren Kapitaleigner die EU-Mitgliedstaaten sind, soll nach neuen Wegen suchen, um Risikokapital für Unternehmen bereitzustellen, die im Umweltschutz, bei der Stadterneuerung, im Bildungs- und im Gesundheitswesen tätig sind - Felder, die als besonders beschäftigungsintensiv gelten.In Zusammenarbeit mit den Banken der Mitgliedsländer soll die EIB vor allem verstärkt den kleinen und mittleren Unternehmen günstigere Darlehenskonditionen anbieten.Außerdem, so die Anregung der Regierungschefs, könnte die EIB doch auch für das große Infrastrukturprojekt der EU, die sogenannten Transeuropäischen Netze (TEN), die seit Jahren nicht richtig vom Fleck kommen, zusätzliche Mittel bereitstellen. Die EIB-Banker, die sich in Amsterdam wie bei jedem EU-Gipfel im Hintergrund bereit hielten, waren wohl geschmeichelt, daß sie plötzlich im Rampenlicht standen.Obgleich die EIB mit einer Bilanzsumme von deutlich mehr als 220 Mrd.DM international der größte Darlehensgeber ist, größer als die Weltbank, kennt kaum jemand die EU-Bank, die im kleinen Luxemburg diskret ihre Arbeit macht.Doch auf die groß verkündeten Vorschläge der Staats- und Regierungschefs reagierten die Finanzierungsexperten aus Luxemburg zunächst etwas verwirrt.Was in Amsterdam nämlich der staunenden Öffentlichkeit als neue zündende Idee vorgestellt wurde, ist weder neu, noch besonders zündend.Der Europäische Rat hat einen Weg vorgeschlagen, den die EIB längst geht. Die Karte, die Europas Regierungschefs in Amsterdam aus dem Ärmel zogen, sollte schon 1993 beim EU-Gipfel in Kopenhagen stechen.Damals gab der Europäische Rat grünes Licht für Kreditfazilitäten in Höhe von 2 Mrd.DM für kleine und mittlere Unternehmen.Damit sollten, so die Vorgabe, 45 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.Dieses wohl etwas zu hoch gesetzte Ziel wurde zwar nicht erreicht.Aber immerhin hatte die EIB bis Ende 1996 mit den günstigen Darlehen dazu beigetragen, daß rund 30 000 Europäer einen neuen Arbeitsplatz haben. Längst sind die EIB-Darlehen nicht mehr alleine Großprojekten vorbehalten.Zumindest seit 1994, als zusätzlich von EIB, EU-Kommission und rund 80 europäischen Banken der "Europäische Investitionsfonds" geschaffen wurde, sind auch die Kredite für kleine und mittlere Unternehmen Schwerpunkt der EIB-Politik.Da sich die Luxemburger Banker nicht um jeden Kleinkredit kümmern können - nur große Investitionen mit einem Volumen von mindestens 50 Mill.DM gehen über ihre Schreibtische - vergeben sie sogenannte Globaldarlehen an rund 130 landesweit oder regional operierende Finanzinstitute und Geschäftsbanken.Diese geben die günstigen EIB-Kredite für genau beschriebene Vorhaben an ihre Kunden weiter, an kleine und mittlere Betriebe, an Gemeinden und Gebietskörperschaften.Allein im vergangenen Jahr profitierten so rund 12 000 Kleinbetriebe in der Europäischen Union von den günstigen EIB-Darlehen. Vertrauenswürdige Investoren müssen für EIB-Darlehen normalerweise weniger Zinsen zahlen als im üblichen Bankengeschäft.Die EIB hat nämlich nicht wie eine Privatbank das Ziel, Gewinne zu machen.Sie soll laut dem Auftrag ihrer Gründer zur Integration Europas beitragen und bessere Rahmenbedingungen für die EU-Wirtschaft schaffen.Die günstigen Kredite kann sie auch deshalb gewähren, weil sie bei den Anlegern ein so hohes Ansehen genießt, daß sie ihre Mittel auf dem Kapitalmarkt zu den jeweils günstigsten Bedingungen aufnehmen kann, die sie dann an die Kreditnehmer weitergibt. Das heißt jedoch nicht, daß sie Wunder vollbringen kann.Bei den TEN zum Beispiel seien die Möglichkeiten der EIB ausgereizt, meinte noch in Amsterdam ein EIB-Banker.Schon jetzt sei die EIB bei den Krediten für die großen europäischen Infrastrukturprojekte - Autobahnen, Telekommunikationsnetze, Pipelines - an die Obergrenze ihres Finanzierungsanteils gestoßen.Verzögert oder gar blockiert werden die TENs dann vielfach durch die Mitgliedstaaten selbst, die ihren Anteil an der Finanzierung nicht mehr aufbringen können.

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