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Ex-Banker Most: Zwischen Krenz, Kohl und Kopper

Edgar Most war Spitzenmanager bei der DDR-Staatsbank und dann bei der Deutschen Bank. Jetzt legt er seine Memoiren vor.

Berlin - „Die IKB hätte ich pleitegehen lassen. Und die Hypo Real Estate hätte ich sofort verstaatlicht“, sagt Edgar Most. Er steht am Pult und redet immer schneller. Außerdem sei es ein Skandal, dass man den deutschen Landesbanken Milliarden Euro Steuergeld nachgeworfen habe. Wofür brauche man überhaupt Landesbanken? „Sollen die Sparkassen die doch kaufen, wenn die wollen“, ruft er knapp 100 Gästen zu. Auch Opel dürfe der Staat nicht helfen.

Einige nicken, andere runzeln die Stirn, aber alle lauschen gebannt. Der 68-Jährige ist eine Legende der Finanzwirtschaft, weil er wie kein zweiter Banker in Ost und West Karriere machte, die Währungsunion mit einfädelte und später in Aufsichtsräten von Dutzenden Unternehmen saß. Most hat eine klare Meinung zur aktuellen Lage. In seinen 50 Jahren als Banker in Plan- und Marktwirtschaft sammelte er aber auch hunderte Anekdoten und sprach diese nun auf Band. Der Autor Frank Nussbücker dampfte die rund 600 Seiten des Manuskripts kräftig ein und machte ein lesenswertes Buch daraus. Am Dienstag stellte Most es vor.

Der 1940 im Eisenach geborene Most schildert dort, wie er mit 14 Jahren eine Banklehre begann, mit 22 in Schwedt beim Aufbau des petrochemischen Werks half, indem er eine Bankfiliale auf der Großbaustelle leitete, die in einer ungeheizten Baracke residierte – als jüngster Bankdirektor der DDR. Er wechselte später in die Zentrale der DDR-Staatsbank und stieg bis zum Vizepräsidenten auf. In den Wendejahren war er Verhandlungspartner für alle führenden Köpfe vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl bis zum Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper. Im Dezember 1990 wurde er Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank in Berlin. 2004 ging er in den Ruhestand. „Es liest sich gut weg“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), ein langjähriger Freund von Most, bei der Buchvorstellung. Es sei keine theoretische Abhandlung, beschreibe aber spannende Details und helfe auch Westdeutschen, einen Blick für den Osten zu bekommen.

Der Leser erfährt Geschichten, wie die, als Most in den 70er Jahren nach Kuba eingeladen wurde, um den Wirtschaftslenkern dort Nachhilfe „über das Wesen der Ware-Geld-Beziehung“ zu erteilen. Most war dabei nicht vorbereitet und hatte zudem keine Unterlagen aus der DDR mitnehmen dürfen, da sein Flieger im kanadischen Neufundland einen Tankstopp einlegen musste. Man fürchtete, dass er mit den Papieren abhauen könnte. Der Banker beschreibt auch, wie er 1982 bei der Stasi unterschrieb, eine Stunde später aber allen Kollegen davon erzählte und damit angeblich „unbrauchbar“ wurde.

Die Abschnitte über seine Stasi-Mitarbeit lesen sich so locker wie die Szene, in der der heutige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann russische Lieder singt. Das irritiert. Und nicht allen historischen Einschätzungen („DDR war am Ende nicht pleite“) werden alle Fachleute so pauschal zustimmen wollen. Doch diese fast naive Leichtigkeit macht das Buch auch für Leser spannend, die sich bisher nicht für Wirtschaftsgeschichte oder die Welt der Banken interessiert haben. Eine kurzweilige deutsch-deutsche Geschichte auf 288 Seiten. Kevin Hoffmann

Edgar Most: „Fünfzig Jahre im Auftrag des Kapitals. Gibt es einen dritten Weg?“ Verlag Das Neue Berlin, 19,90 Euro

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