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Fachkräftemangel: Berlin will dich!

2030 werden in der Region 460.000 Profis fehlen. Senat, IHK und Handwerkskammer wollen nun mit einer Kampagne gegensteuern.

Berlin ist ein Selbstläufer. So dachte man bisher. Billige Mieten, kulturelle Dynamik und ein unzerstörbar guter Ruf. Doch die Zukunft sieht anders aus. Nach einer Prognos-Studie könnten im Jahr 2030 schon 460 000 Arbeitsplätze unbesetzt bleiben. Wegen sinkender Geburten und weil viele Schulabgänger nicht annähernd die Qualifikationen mitbringen, die gebraucht werden. Hinzu kommt, dass der Zustrom von ausgebildeten Fachkräften aus anderen Bundesländern und Osteuropa langsam versiegen wird, weil dort ebenfalls Fachkräftemangel herrschen wird. Senat, IHK und Handwerkskammer wollen nun gegensteuern. Am Montag starten sie deshalb die Kampagne „Berlins Wirtschaft braucht Dich!“

Die richtet sich vor allem an jüngere Berliner mit Migrationshintergrund. Künftig wird jeder zweite Berliner unter 18 zu dieser Gruppe gehören. 16 Prozent der Jugendlichen mit türkischen oder arabischen Wurzeln beenden die Schule ohne Abschluss. Viele arbeiten in der Schattenwirtschaft, helfen im Betrieb des Onkels oder geben sich mit Hartz-IV zufrieden. Ihr Potenzial soll nun erschlossen werden. Das hilft gegen den Facharbeitermangel und stärkt die Integration.

Die Förderinstrumente dazu gibt es bereits. Schulen bieten Kurse zur Berufsvorbereitung an, die Bundesagentur für Arbeit fördert Sprachkurse oder eine sozialpädagogische Betreuung, doch die Hemmschwellen sind oft noch zu hoch, um die Instrumente zu nutzen. „Wir müssen Unternehmen gewinnen, Ausbildungsplätze für Migranten zur Verfügung zu stellen“, sagt Holger Lunau von der IHK. Zugleich sollen Jugendliche aus arabischen, türkischen oder deutsch-russischen Gemeinden für eine duale Ausbildung geworben werden.

Die Schulen und Universitäten gelten als Schlüssel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Fast alle Branchen kooperieren inzwischen mit Schulen, bieten Praktika und Betriebsbesuche an. Das Unternehmensnetzwerk Motzener Straße kooperiert mit sieben benachbarten Schulen. Am „Industrietag“ werden einmal im Jahr Schüler in die Betriebe eingeladen.

Auch die Technische Universität vernetzt sich mit den Schulen, um mehr Jugendliche für die MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) zu gewinnen. In der nächsten Woche gibt es wieder Infotage für Schüler der 12. und 13. Klasse. Mädchen werden bevorzugt betreut.

Bekannte Firmen wie Daimler in Marienfelde oder Bayer-Schering müssen sich um Fachkräfte bislang kaum Sorgen machen. Ihr gutes Image und überdurchschnittliche Bezahlung locken viele an. „Wir haben eine Warteliste bei den Auszubildenden bis 2011“, heißt es bei Bayer-Schering. Dennoch wird vorgesorgt. „Wir holen die 6. Klassen aus den Grundschulen.“ Die dürfen dann einen Vormittag lang im Labor herumwuseln. Thomas Loy

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