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Der Arbeitskräftemangel kostet Deutschland nach Berechnungen der Unternehmensberatung BCG jährlich umgerechnet 86 Milliarden Euro an verlorener Wirtschaftsleistung.

© picture alliance/dpa / Julian Stratenschulte

Fachkräftemangel: Fehlende Arbeitskräfte kosten Deutschland Milliarden

Der Fachkräftemangel wächst. Das schmälert die deutsche Wirtschaftsleistung um über 80 Milliarden im Jahr, zeigt eine Studie der Boston Consulting Group (BCG). Zuwanderung könnte helfen.

Industrienationen wie Deutschland haben ein Demografie-Problem: Wenn die Babyboomer in Rente gehen, rücken aufgrund der tiefen Geburtenraten zu wenige Menschen im arbeitsfähigen Alter nach. Das verstärkt zum einen den Druck auf die Altersversorgung und sorgt dafür, dass immer mehr Stellen unbesetzt bleiben.

1,934 Millionen Stellen waren laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hierzulande im zweiten Quartal dieses Jahres noch offen – mehr als je zuvor.

Industrienationen haben zu wenige, in anderen Ländern gibt es sie hingegen im Übermaß: Menschen, die arbeiten wollen. Wirtschaftsexperten der Boston Consulting Group (BCG) schlagen daher vor, dass Deutschland Arbeitskräfte gezielt in Ländern anwirbt, deren Bevölkerung noch wächst. „Eine Möglichkeit wäre, die Leute dort in ihren Heimatländern auszubilden, bevor sie nach Deutschland kommen“, sagt Johann Harnoss, Ökonom bei BCG. 

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Das hätte Vorteile für die Einwanderer, für die Herkunftsländer und für die Zielländer. Als Beispiele nennt Harnoss Indien, Nigeria, Indonesien oder Ägypten. Schon jetzt trägt Zuwanderung nennenswert zur Senkung des Fachkräftemangels in Deutschland bei. Im Jahr 2020 waren beispielsweise mehr als 12.000 Menschen, die von außerhalb der EU stammen, in der Altenpflege und mehr als 9.000 als medizinische Fachangestellte beschäftigt.

Fachkräftemangel kostet Deutschland mehrere Milliarden, jährlich

Handelt Deutschland nicht, könnte es teuer werden. Das haben Harnoss und die frühere Siemens-Personalvorständin Janina Kugel gemeinsam in einer neuen Studie herausgefunden. Umgerechnet 86 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung können Deutschland aufgrund fehlender Arbeitskräfte jährlich verloren gehen.

Damit wären die Einbußen der deutschen Volkswirtschaft nach Einschätzung der Autoren im Vergleich der wirtschaftsstärksten Nationen die international zweithöchsten nach den USA.

Die ehemalige Siemens-Personalchefin Janina Kugel warnt vor einer Verschärfung des Fachkräftemangels.

© picture alliance/dpa / Bernd von Jutrczenka

Werden Stellen nicht besetzt, kostet das nicht bloß die Unternehmen Geld, die wegen fehlender Mitarbeiter womöglich weniger Umsatz machen. Sondern es belaste auch die ganze Volkswirtschaft, weil etwa Steuern und Sozialabgaben, die jene Unternehmen normalerweise auf Löhne zahlen, entfallen.

Jede freie Stelle kostet 86.000 Euro

Die Rechnung der beiden Experten ist einfach: Im langfristigen Durchschnitt sei knapp eine Million freie Stellen „normal“, argumentieren sie. Schließlich verändern sich Unternehmen, es gibt Fluktuationen.

Was allerdings über dem Durchschnitt liegt, ist zu viel und zieht demnach jene Kosten nach sich – pro Arbeitsplatz wären das hierzulande Einbußen von 86.000 Euro je fehlender Fachkraft pro Jahr, so die Studie. Das macht bei rund zwei Millionen freien Stellen, also einer über Durchschnitt, eben jene 86 Milliarden Euro Verlust jährlich.

Die Kosten von 84 Milliarden werden noch größer, wenn wir nicht dagegen steuern.

Janina Kugel

Die beiden Experten gehen auch davon aus, dass sich das Problem in Deutschland noch verschärfen wird. „Die Kosten von 84 Milliarden werden noch größer, wenn wir nicht dagegen steuern“, sagt Kugel.

Obwohl in den kommenden Jahren mit weiterer Zuwanderung von etwa 300.000 bis 400.000 Menschen jährlich zu rechnen ist. Bis 2035 dürfte die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter um drei Millionen Menschen zurückgehen, bis 2050 um neun Millionen, schätzen Harnoss und Kugel.

Auch Mittelstand soll international rekrutieren

Um den Fachkräftemangel zu schließen, soll sich auch der deutsche Mittelstand, verstärkt auf dem internationalen Arbeitsmarkt umzusehen, raten die Experten.  Nicht nur, um ausscheidende einheimische Arbeitskräfte zu ersetzen. „Je diverser Unternehmen sind, desto innovativer sind sie auch“, sagt Kugel mit Blick auf die US-Techkonzerne, die sehr viele Zuwanderer beschäftigen.

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