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Skandalbanken: Über den Stichtag gerettet

Ein Anwalt hat die HSH-Nordbank und die HRE angezeigt: wegen Verdachts auf Bilanzfälschung.

München - Der Inhalt der Strafanzeige ist brisant. Sie stammt vom Hamburger Rechtsanwalt Gerhard Strate, der Ermittlungen gegen die Hamburger HSH-Nordbank im Frühjahr 2009 ins Rollen gebracht hat. Nun holt er zum zweiten Schlag aus, diesmal gegen das Münchner Kriseninstitut Hypo Real Estate (HRE). „Bilanzfälschung und die gegenseitige Beihilfe dazu“, fasst der Jurist seine Vorwürfe zusammen. Milliardenrisiken seien Ende 2007 trickreich an der Finanzaufsicht Bafin und Wirtschaftsprüfern vorbeigeschleust worden, um die maroden Institute in besserem Licht erscheinen zu lassen. Die Geschäfte an sich bestreiten HSH und HRE nicht. Die Transaktionen seien im Geschäftsbericht 2007 ausgewiesen, geprüft und nicht beanstandet worden, verteidigt sich die HRE. Der Vorwurf der Bilanzfälschung ist absurd, ergänzen die Kollegen in Hamburg. Es habe sich um branchenübliche Entlastungstransaktionen gehandelt.

Um den Fall einschätzen zu können, ist ein Blick in die Details nötig. Unstrittig ist, dass HRE und HSH Ende 2007 riskante Geschäfte von je 3,5 Milliarden Dollar in zwei Zweckgesellschaften ausgegliedert und diese einer dritten Zweckgesellschaft verkauft haben. Das Volumen wird in Bankenkreisen bestätigt. Hinter der dritten Gesellschaft soll der US-Hedgefonds Dynamic Credit Partners gestanden haben. Bezahlt habe er auch mit Krediten der HRE und HSH.

Bereits im April 2008 ist das Geschäft dann wieder rückabgewickelt worden. Genau das ist der Ansatzpunkt der Anzeige. Denn die Bafin hat eine solche, an sich legale Auslagerung von Risiken nur dann erlaubt, wenn sie nicht von Anfang an auf Rückabwicklung angelegt ist. Ursprünglich hätten die Zweckgesellschaften bis 2019 laufen sollen, heißt es nun im Kreis der Banken. Es habe ein vorzeitiges Kündigungsrecht gegeben, das beide Partner Mitte April 2008 wahrgenommen hätten.

Strate glaubt beweisen zu können, dass die ganze Transaktion von Anfang an nur darauf angelegt war, Ende 2007 über den Bilanzstichtag zu kommen und sich ins nächste Jahr zu retten. HRE und HSH wenden ein, dass sie auch ohne die strittigen Transaktionen nicht in ernste bilanzielle Schwierigkeiten gekommen wären. Anwälte, die geschädigte HRE-Aktionäre bei Schadenersatzklagen vertreten, freuen sich über die Ermittlungen.

Wenn Strate seine Vorwürfe beweisen kann, wäre das ein Argumentationsschub für die Klagen der Anleger, die bislang knapp eine Milliarde Euro Schadenersatz fordern, sagt Anwalt Klaus Nieding. Denn dann sei belegt, dass der HRE-Vorstand nicht erst im Januar 2008, wie bislang behauptet, erstmals von Risiken erfahren habe, sondern schon Monate vorher. Die Erfolgschancen vor Gericht würden für die Kläger damit spürbar steigen. Bei den von ihm beanstandeten Transaktionen handle es sich um gezielte Anlegertäuschung, sagt auch Strate.

Gegen frühere und amtierende Vorstände der HSH ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft schon seit knapp einem Jahr. Auslöser war auch damals eine Strafanzeige Strates. Der Vorwurf der schweren Untreue richtet sich gegen HSH-Chef Jens Nonnenmacher und andere Topbanker. Die HSH hat indessen Strate angezeigt und wirft ihm falsche Verdächtigung vor.

In München wiederum ermitteln Staatsanwälte bereits seit Ende 2008 gegen den ehemaligen HRE-Chef Georg Funke und andere Spitzenbanker. Auch hier geht es um Untreue. Bei den jetzt von Strate beanstandeten Vorgängen soll es sich um bisher nicht bekannte Tatsachen handeln. Die inzwischen voll verstaatlichte HRE ist der größte deutsche Bankenkrisenfall. Sie hat soeben eine Bad Bank gegründet und darin – ganz legal – riskante Geschäfte im Volumen von 210 Milliarden Euro ausgelagert. HRE und HSH müssen vom Staat mit hohen Milliardensummen gestützt werden.

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