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Staatsfinanzen: Neues Gleichgewicht für Markt und Staat

Deutsche-Bank-Chef Ackermann und Bundesbank-Präsident Weber fordern die neue Regierung zur Sanierung der Staatsfinanzen auf.

Berlin - Eigentlich könnte Josef Ackermann erleichtert sein. Die Deutsche Bank hat am Tag zuvor das renommierte Bankhaus Sal. Oppenheim gekauft, im vergangenen Quartal verdiente der deutsche Marktführer 1,4 Milliarden Euro, die Deutsche Bank hat die Finanzkrise insgesamt ohne große Blessuren überstanden. Doch Gelassenheit strahlt Ackermann am Donnerstag in Berlin nicht aus: „Stabilisierung ist nicht mit Aufschwung zu verwechseln“, sagt Deutschlands Top-Banker stattdessen auf dem Unternehmertag der Deutschen Bank. Er meint nicht die Zahlen seiner Bank. Ackermann sorgt sich um die Verfassung der Weltwirtschaft nach den schweren Erschütterungen der vergangenen Monate. „Die Krise wird uns auch weiterhin beschäftigen“, sagt er. Rückschläge seien immer noch möglich. „Der vor uns liegende Weg wird holprig sein.“

Es ist Ackermanns erste große Rede nach der Bundestagswahl. Deren schwarz-gelber Ausgang biete „Chancen für neue politische Weichenstellungen“, glaubt er. Es gelte nun, wieder eine Balance zwischen Markt und Staat zu finden. Das Votum der Wähler sei eindeutig gewesen: Gegen noch mehr Staat – für mehr soziale Marktwirtschaft. Von der neuen Bundesregierung fordert Ackermann eine glaubwürdige Konsolidierung der Staatsfinanzen. „Sonst kommt die expansive Haushaltspolitik der letzten Jahre am Ende doch als Bumerang höherer Steuern zurück.“ So nötig die staatlichen Interventionen in das gefährdete Finanz- und Wirtschaftssystem gewesen seien, „so wenig dürfen sie zu einer Dauererscheinung werden“, sagt Ackermann. Auch beim gesellschaftspolitischen Forum der Banken am Donnerstag ist der Rückzug des Staates aus der Wirtschaft das Top-Thema. Bundesbankpräsident Axel Weber kündigt an, dass die Notenbanken den Markt nicht mehr lange mit billigem Geld stützen werden. „Stellen Sie sich darauf ein, dass das Leben am Tropf der Notenbanken bald zu Ende sein wird“, warnt Weber die anwesenden Banker im Apollo-Saal der Staatsoper.

Die gemeinsamen Hilfsmaßnahmen von Regierung und Notenbank seien notwendig gewesen. Jetzt aber müsse die Konsolidierung der Staatsfinanzen absolute Priorität haben. „Stabilitätsorientierung ist das A und O“, sagt Weber. Oberstes Ziel der Währungshüter müsse die Preisstabilität sein. Er gehe davon aus, dass die Inflationsrate, die schon lange bei Null liegt, in den nächsten Monaten erstmals wieder steigen werde.

Im Zuge der Finanzkrise hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins, also den Satz, zu dem sich die Banken bei der Zentralbank Geld leihen können, massiv gesenkt. Inzwischen liegt er auf dem historischen Tief von einem Prozent. Ab wann mit einer Zinserhöhung zu rechnen ist, darauf will sich der Bundesbanker, der auch im Rat der EZB sitzt, nicht festlegen. Er warnt aber davor, zu glauben, dass die Krise schon ausgestanden sei.

Deutsche-Bank-Chef Ackermann erwartet, dass die expansive Geldpolitik mit niedrigen Zinsen „noch mindestens ein Jahr“ beibehalten wird. Erst dann sei die Wirtschaftsentwicklung wahrscheinlich wieder selbsttragend. Die Kreditentwicklung hinke der Konjunktur normalerweise ein Jahr hinterher, erklärt Bundesbankchef Weber. „Die Kreditsituation wird sich nächstes Jahr noch mal verschlimmern“, sagt er. Darum könne die Konsolidierung wohl erst 2012 beginnen.

Auch der scheidende EU-Kommissar Günther Verheugen fordert die neue Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass der EU-Stabilitätspakt bald wieder eingehalten werde. Dafür darf die Neuverschuldung maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Diese Auflage wird Deutschland im laufenden Jahr höchstwahrscheinlich nicht erfüllen können. Die EU- Kommission habe die „enorme Aufblähung der öffentlichen Haushalte“ in der Krise zwar gebilligt, sagt Verheugen. „Wir haben aber gesagt, das ist nur vertretbar, wenn die exzessive Staatsverschuldung nach der Krise wieder zurückgefahren wird.“

Der Wille dazu sei längst nicht bei allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erkennbar. Frankreich etwa weigere sich, klare Aussagen zum geforderten Konsolidierungskurs zu machen. „Wenn sich Deutschland hier auf die Seite Frankreichs schlägt, ist der Stabilitätspakt tot“, warnt Verheugen. Der SPD-Mann bringt auch gleich eine Idee mit, wie die deutsche Regierung künftig Geld einsparen könne: „Ich empfehle einen Blick auf die Subventionen.“ Auf diesem Feld sei Deutschland Europameister. Henrik Mortsiefer/Miriam Schröder

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