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Vermögensbildung: Geld zu verschenken

Arbeitgeber und Staat fördern vermögenswirksame Leistungen für Beschäftigte – doch die Mehrheit der Arbeitnehmer schlägt das Angebot aus.

Hunderttausende von Arbeitnehmern verschenken jeden Monat bares Geld. Der Grund: Sie nehmen keine vermögenswirksamen Leistungen (VL) in Anspruch und verzichten damit auf Geldgeschenke vom Chef und Staat. 2003 noch sparte etwa die Hälfte der rund 20 Millionen Anspruchsberechtigten jeden Monat ein kleines Sümmchen zur Vermögensbildung an. 2009, so ergab eine Umfrage von Infratest, waren es nur noch rund 40 Prozent. „Viele Leute scheuen wohl den Aufwand angesichts der kleinen Summen“, sagt Finanzexperte Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen. „Aber langfristig gesehen verschenken sie damit ordentliche Beträge.“

Mit sechs bis rund 40 Euro pro Monat beteiligen sich die Arbeitgeber in Deutschland an der Vermögensbildung ihrer Beschäftigten. Ob man einen Anspruch hat und in welcher Höhe, ist abhängig vom Tarifvertrag, von einer betrieblichen Vereinbarung oder auch vom individuellen Arbeitsvertrag. Personalabteilung oder Betriebsrat helfen hier weiter. Das Geld zahlt die Firma nicht aus, sondern legt es für ihre Beschäftigten in einem Sparvertrag an. Es ist somit Teil des Gehalts. Dabei wählt der Mitarbeiter selbst zwischen einem Banksparplan, dem Fondssparen, einem Bausparvertrag oder der Einzahlung in die betriebliche Altersvorsorge aus. Hat er eine passende Anlageform gefunden, reicht er den Durchschlag seines Sparvertrags einfach an die Personalabteilung weiter, die die Beträge dann selbstständig überweist. Sechs Jahre lang wird Geld zurückgelegt, dann ist die Summe noch ein Jahr gesperrt. Nach sieben Jahren kann der Arbeitnehmer schließlich frei über das Ersparte verfügen, es sei denn, das Geld ist in die betriebliche Altersvorsorge geflossen.

Doch nicht nur der Boss zahlt, sondern zusätzlich auch der Staat. Er legt eine „Arbeitnehmersparzulage“ drauf, falls bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Kleiner Wermutstropfen: Das Zusatzgeld vom Fiskus fließt nur auf Fondssparpläne und Bausparverträge, nicht jedoch auf andere Sparformen wie Banksparpläne. Wer sich zu einem Fondssparplan entschließt, darf ein zu versteuerndes Einkommen von 20 000 Euro im Jahr nicht überschreiten. Bei Ehepaaren verdoppelt sich diese Summe, mit drei Kindern steigt sie auf über 58 000 Euro. Einzahlungen bis 400 Euro pro Jahr belohnt der Staat seit 2009 mit einer höheren Prämie von 20 Prozent, also einem Geldgeschenk von 80 Euro. Überweist der Arbeitgeber weniger, lohne es sich, den VL-Vertrag aus eigenen Mitteln aufzustocken, um in den Genuss der vollen staatlichen Zulage zu kommen, empfiehlt die Stiftung Warentest. „Selbst wer in einem Betrieb arbeitet, der keine vermögenswirksamen Leistungen gewährt, kann die Beiträge von seinem Nettoeinkommen bestreiten und so von der staatlichen Förderung profitieren“, rät Gottschalk. Bedingung: Der Arbeitgeber überweist die Beträge.

Sucht sich der Arbeitnehmer für das Vermögenssparen einen Bausparvertrag aus, dann liegen die Einkommensgrenzen für die Arbeitnehmersparzulage mit 17 900 (Ledige) beziehungsweise 34 800 Euro (Verheiratete) niedriger. Hier sind die Regeln noch etwas komplizierter: Der Staat fördert das VL-Sparen mit neun Prozent Prämie von maximal 470 Euro, legt also pro Jahr bestenfalls 42,30 Euro dazu. Der Clou dabei: Wer Bausparen und Fondssparen kombiniert, erhält auch die doppelte Förderung vom Staat – bis zu 122,30 Euro pro Jahr.

Zusätzlich kann der Arbeitnehmer eine dritte Förderung erhalten, die Wohnungsbauprämie, für die jedoch wieder gesonderte Bedingungen gelten. Der Staat belohnt das Sparen für die Immobilie mit einer Prämie von maximal 45 Euro (90 bei Ehepaaren), wenn die Einkommensgrenzen von 26 600 (51 200) Euro nicht überschritten werden und pro Jahr 512 (1024) Euro in den Bausparvertrag fließen. Nachteil: Das Geld fließt erst am Ende der Laufzeit nach sieben Jahren in den Vertrag, trägt also nicht zum Zinsgewinn bei.

Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) listet auf, welche Ergebnisse die Anlage der VL in deutschen Aktienfonds über alle Siebenjahreszeiträume seit Anfang der sechziger Jahre erbracht hat: Aus den insgesamt eingezahlten 2880 Euro wurden da maximal 6706 Euro, nämlich zwischen 1993 und 1999. Allerdings lag das Ergebnis auch in fünf Einzahlungsperioden im Minus. Wer zwischen 1996 und 2002 gespart hatte, musste am Ende rund 1000 Euro Verluste verbuchen – es sei denn, er ließ das Geld liegen und wartete die Erholung der Aktienmärkte ab. Im Schnitt aller Perioden seit 1962 konnte der Anleger laut BVI mit VL in deutschen Aktienfonds pro Jahr knapp 8,1 Prozent Gewinn einstreichen. Nach sieben Jahren hatte er somit im Schnitt 3980 Euro auf dem Konto. Mit Sparzulage erhöhte sich der jährliche Gewinn laut BVI auf 10,7 Prozent. Insgesamt gibt es gegenwärtig mehr als 160 verschiedene Aktien- und Mischfonds, aus denen der Anleger wählen kann.

VL-fähige Bausparverträge haben alle großen Bausparkassen im Programm. Der Rat der Verbraucherschützer: Wer den Bausparvertrag tatsächlich nur als sichere Anlage für seine vermögenswirksamen Leistungen wählt und später kein Bauspardarlehen aufnehmen möchte, sucht sich am besten eine Variante aus, die mit hohen Sparzinsen bei niedriger Bausparsumme (maximal 5000 Euro) und damit niedrigen Abschlussgebühren ausgestattet ist. „Sehr lukrativ“ ist es laut Verbraucherschützern auch, die VL zur Tilgung eines laufenden Baukredits einzusetzen: Flössen jeden Monat 40 Euro auf das Kreditkonto, schmelze die Schuld nach zehn Jahren bei einem Zinssatz von 4,5 Prozent um 6041 Euro. Voraussetzung: Die Bank muss die höhere Tilgung akzeptieren.

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