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Prinzessin Europa und der Bulle. Wie auf dieser antiken Vase geht es derzeit in der EU zu: Die europäische Wirtschaft ist in Wachstumsstimmung, feiert den Bullenmarkt.

© Tarquinia Museum

Finanzkrise: Griechisches Risiko

Billiges Öl, niedrige Zinsen: Das sorgt für einen Aufschwung in Europa – wären da nicht die Südländer. Besonders Griechenlands Situation ist bedrohlich.

Es ist lange her, dass im Pressesaal der Brüsseler EU-Kommission derart positive Zahlen präsentiert wurden: Nach Jahren von Stagnation, Rezession und Mini-Wachstum steuert die europäische Wirtschaft auf einen robusten Aufschwung zu. „Einen so entspannten Frühling haben wir in Europa seit vielen Jahren nicht mehr gehabt“, sagte der französische EU-Währungskommissar Pierre Moscovici am Dienstag bei der Vorstellung der neuen Frühjahrsprognose: „Es gibt Anzeichen einer echten konjunkturellen Erholung.“

So soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU, nach einem Plus von 1,4 Prozent im vergangenen Jahr, in diesem um weitere 1,8 Prozent anziehen und im kommenden Jahr um 2,1 Prozent wachsen. Und auch die Euro-Zone, die bisher deutlich gegenüber dem europäischen Durchschnitt zurücklag, findet wieder Anschluss: Einem Wachstum von 0,9 Prozent im zurückliegenden Jahr soll nun 2015 eine Steigerung von 1,5 Prozent folgen. Für 2016 sagen die Experten der Brüsseler Kommission ein um 1,9 Prozent höheres Wachstum voraus. Dann wäre das Vorkrisenniveau der europäischen Volkswirtschaften wieder erreicht. Schon in diesem Jahr können die EU-Staaten daher ihre Verschuldung ein wenig verringern.

Das EZB-Programm habe der EU Rückenwind gegeben, heißt es

Mit der Wirtschaft soll sich auch der Arbeitsmarkt erholen – wenn auch weniger deutlich: Die Arbeitslosenrate im Euro-Raum soll der Prognose zufolge von zuletzt 11,6 bis Ende nächsten Jahres auf 10,5 Prozent sinken. Auf die gesamte EU bezogen wird dann eine Quote von 9,2 Prozent erwartet, ein Prozentpunkt weniger als Ende 2014.

Als Grund für die hochgeschraubten Erwartungen nannte Moscovici neben dem massiv gesunkenen Ölpreis das „Quantitative Easing“. Seit März kauft die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen auf. Das führt zu sinkenden Zinsen, einer beabsichtigten Anlegerflucht aus dem Euro und einem niedrigeren Wechselkurs, der die Exportwirtschaft beflügelt. So sagt die EU-Kommission Deutschland für 2015 einen Rekord-Handelsüberschuss in Höhe von 7,9 Prozent voraus. Das EZB-Programm habe, so Moscovici, „Europas Wirtschaft Rückenwind gegeben, dessen positiven Effekte noch größer ausfallen könnten als prognostiziert“.

Die Brüsseler Behörde führt jedoch auch Risiken auf. Neben einer erneuten Eskalation des Ukraine-Kriegs nannte Währungskommissar Moscovici vor allem die mehr als angespannte Finanzlage in Athen: „In unserer Prognose gibt es eine Unsicherheit wegen Griechenland.“

Schwere Gespräche

Die aktuellen Zahlen zeigen nämlich erstmals, wie dramatisch sich die wirtschafts- und finanzpolitischen Kennzahlen seit Antritt der neuen Regierung verschlechtert haben. Griechenland ist der einzige EU-Staat, für den die Werte nach unten korrigiert werden mussten. Statt eines Wachstums von 2,5 Prozent wird dieses Jahr nur noch ein kleines Plus von 0,5 Prozent erwartet.

Noch schlimmer sieht es bei der Haushaltslage aus: Selbst der noch Anfang Februar für dieses Jahr bezifferte Primärüberschuss von 1,7 Prozent ist weg. Nun sagt die EU-Kommission, die zusammen mit EZB und Internationalem Währungsfonds die laufenden Gespräche mit Griechenland führt, ein sogenanntes strukturelles Defizit von 1,4 Prozent voraus. Damit kann auch der Gesamtschuldenstand nicht wie erwartet auf 170 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken – er steigt sogar auf 180 Prozent.

Das erschwert die Gespräche zusätzlich. Da bei den Verhandlungen mit Vertretern Athens laut Diplomaten zuletzt eine konstruktivere Atmosphäre herrschte, existiert zumindest die kleine Chance, dass es beim Treffen der Euro-Finanzminister am Montag zu einer Annäherung kommt. „Ich hoffe“, sagte Moscovici am Dienstag, „dass wir der Euro-Gruppe dann einen größeren Fortschritt vermelden können“.

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