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Finanzkrise: Kreditklemme: Die Banken horten das Geld

Aus Angst geben die Institute den Unternehmen weniger Darlehen oder verschärfen die Konditionen – das könnte den Abschwung noch beschleunigen.

Berlin - Frau H. ist sauer. „Ich brauchte nur einen Überbrückungskredit“, berichtet die selbstständige Steuerberaterin aus Berlin. Das sollte kein Problem sein, dachte sie – schließlich kann sie Sicherheiten vorweisen: Frau H. hat noch 23 000 Euro bei ihrer Hausbank, festgelegt bis Herbst 2009. Doch ihr dortiger Berater sieht es anders. „Die Bank verlangt neun Prozent Zinsen für einen Kredit – plus Gebühren“, berichtet H. Außerdem solle sie den Bankern einen tiefen Einblick in ihre Bücher gestatten. Für Frau H. ist die Sache klar: „Die Banken trauen selbst ihren eigenen Einlagen nicht mehr“, urteilt sie.

Wie Frau H. geht es derzeit vielen Unternehmern – Handwerkern ebenso wie Hakan Samuelsson, Chef des Lastwagenbauers MAN: Sie klagen, dass die Banken bei der Kreditvergabe knausern. Auch Politikern bereitet dies Sorgen: Dreht die Finanzwirtschaft den Geldhahn zu, könnte das Wachstum noch stärker leiden als prognostiziert. Träge wie „Kaltblüter im Winter“ seien die Banker, monierte Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Doch dass den Banken das Geld nicht mehr so locker sitzt, sei normal, findet Roland Döhrn, Chefökonom des Wirtschaftsinstituts RWI. „In jeder Krise prüfen die Banken genauer, an wen sie Kredite vergeben, weil das Ausfallrisiko steigt – das ist auch gut so.“ Zudem müssen sie Schulden abbauen. Von einer Kreditklemme könne man erst sprechen, wenn sich für solide Projekte kein Finanzier mehr finde. Die Bankenstatistik zeugt noch nicht von Problemen: Die Kreditsumme an Firmen und Bürger stieg im Oktober um 6,3 Prozent.

Doch viele fürchten, dass die Klemme erst noch bevorsteht. Darauf deutet hin, dass Unternehmen Anlegern extrem hohe Zinsen zahlen müssen, wenn sie Anleihen ausgeben – BMW etwa zahlt fast neun Prozent. „Nie war die Gefahr einer massiven Kreditklemme im Euroraum so hoch wie derzeit“, erklärte Aurelio Maccario, Europa-Chefvolkswirt der Unicredit.

Umfragen zufolge könnte er recht haben. Das Ifo-Institit ermittelte jüngst, dass im November 35,2 Prozent der Unternehmen die Kreditvergabe als restriktiv empfanden, vor allem größere. Das sind fast so viele wie im Krisensommer 2005. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) vom November berichteten sechs Prozent der Firmen, ihr Kreditgesuch sei abgelehnt worden. „Wir blicken mit größeren Sorgenfalten auf die Entwicklung“, sagt DIHK-Chefvolkswirt Volker Treier. Eine Kreditklemme sieht er aber erst bei einer zweistelligen Ablehnungsquote. Für kleine Betriebe bis zehn Beschäftigte traf das schon zu – hier lag die Quote bei zehn Prozent, wohl wegen der dünnen Eigenkapitaldecke. Bei Großbetrieben mit mehr als 1000 Mitarbeitern waren es acht Prozent – hier spielt wohl die Angst der Banken eine Rolle, der weltweite Abschwung könnte diese oft exportlastigen Betriebe treffen.

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