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Die Beiträge zur Krankenversicherung steigen. Einen Teil der Kosten kann man sich nun über die Steuererklärung zurück holen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Steuertipp: Finanzspritze für Kassenkosten vom Fiskus

Ausgaben für die Kranken- und Pflegeversicherung kann man jetzt besser von der Steuer absetzen. Vor allem Gutverdiener profitieren.

Gesetzestechnisch ist die Sache zwar seit langem über die Bühne, doch beschäftigen wird sie viele Steuerzahler erstmals dieser Tage – mit ihrer Steuererklärung für 2010. Seit diesem Jahr nämlich sind auch alle Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge voll als Vorsorgeaufwendungen von der Steuerschuld absetzbar, und zwar im Umfang dessen, was dem Leistungsniveau gesetzlicher Krankenkassen entspricht. Profiteure der Neuregelung sind insbesondere Gutverdiener, ihnen bringt das „Bürgerentlastungsgesetz“ pro Monat eine Ersparnis, die dreistellig ausfallen kann. Eine ganz andere Dimension als die 2,90 Euro Arbeitnehmer-Pauschbetrag, über die die Koalition im Januar so verbissen gestritten hat.

DRUCK AUS KARLSRUHE

Etwa zehn Milliarden Euro im Jahr, so haben Experten berechnet, dürfte die Absetzbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge den Finanzminister alles in allem kosten. Kein Wunder, dass die Regierenden nicht aus freien Stücken auf die Idee gekommen sind. Das Bundesverfassungsgericht hatte sie im Februar 2008 dazu verdonnert. Aus Sicht der Richter zählen die Kassenbeiträge zum Existenzminimum. Vorher waren sie nur bis zu einer Höchstsumme von 1500 Euro im Jahr (bei Selbstständigen: 2400 Euro) als Sonderausgaben abzugsfähig – und zwar zusammen mit anderen Vorsorgekosten, etwa für eine Unfall-, Haftpflicht oder Risikolebensversicherung. Unterm Strich sprang bei dieser Deckelung also für den Steuerzahler meist nicht viel heraus.

NUR BASISSCHUTZ IST ABSETZBAR

Das ist jetzt anders. Wer etwa als chronisch Kranker nicht rechtzeitig in einer gesetzlichen Kasse unterkam und sich seine unverzichtbare Absicherung privat mit hohem Risikoaufschlag erkaufen musste, kann diesen Ausgabeposten nun komplett von der Steuer absetzen. Egal wie teuer: die Abzugsfähigkeit für den sogenannten Basisschutz sei „nach oben unbegrenzt“, sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL). Das hilft denen, die durch ihre Beiträge unverhältnismäßig hoch belastet sind. Und das ist auch angesichts der Tatsache in Ordnung, dass seit Ulla Schmidts Gesundheitsreform von 2009 kein Bürger mehr ohne Krankenversicherungsschutz sein darf.

Allerdings beteiligen sich die Finanzämter nicht an allen Krankenversicherungskosten. Eine Krankentagegeld-Versicherung etwa ist nicht absetzbar. Ist sie im Versicherungspaket enthalten, werden bei der Abzugsfähigkeit vier Prozent der Kosten herausgerechnet. Auch Vorsorgekosten für die Chefarztbehandlung oder das Einbettzimmer im Krankenhaus verringern die Steuerschuld nicht. In Abzug gebracht werden darf nur das, was der Fiskus als Basisabsicherung versteht.

UNTERLAGEN VOM VERSICHERER

Weil diese Abgrenzung nicht einfach und der Basisschutz bei vielen privat Versicherten oft tariflich eng mit kleinem Luxus verwoben ist, halten sich die Finanzämter bei der Definition heraus und überlassen sie den Versicherern. Ihnen wurde übertragen, die Policen sämtlicher Kunden für den Fiskus aufzusplitten – in den Prämienanteil für die Basisabsicherung und den weitergehenden Versicherungsschutz. „Ein irrsinniger bürokratischer Aufwand“, stöhnt der Sprecher des Verbands der privaten Krankenversicherer, Stefan Reker. Der Steuerzahler jedoch ist fein raus. Er braucht die Bescheinigung, die ihm von seinem Versicherer zugeschickt wird, nur weiterzugeben – und das Finanzamt weiß, welcher Posten in der Steuererklärung genau in Abzug zu bringen ist.

Ob das im ersten Anlauf so klappt und alle Versicherer den „Basisschutz“ exakt zu definieren wissen, muss sich allerdings erst zeigen. In die Details des Versicherungsschutzes könnten sich Finanzbeamte kaum vertiefen, sagt Rauhöft. Möglich sei nur eine grobe Prüfung der ausgewiesenen Summen auf Plausibilität.

WER NACHTEILE HAT

Zum Rechnen ist nun aber auch mancher privat Versicherte gezwungen. Bisher machte es für viele beispielsweise Sinn, Tarife mit Selbstbehalt abzuschließen. Schließlich lässt sich mit der Verpflichtung auf eine kleine Eigenbeteiligung die Beitragshöhe spürbar verringern. Einziger Nachteil bislang: Der Arbeitgeber zahlt beim Selbstbehalt nicht mit. Nun aber sind niedrige Beiträge und ein hoher Selbstbehalt womöglich auch steuertechnisch von Nachteil. Zuzahlungen für Arzt- oder Klinikbehandlung nämlich laufen bei den Finanzämtern nicht unter der Kategorie Vorsorgeaufwendungen. Sie können zwar auch geltend gemacht werden, jedoch nur bedingt und als „außergewöhnliche Belastung“. Abzugsfähig sind diese Ausgaben erst ab einer bestimmten Mindestsumme, die abhängig ist vom jeweiligen Einkommen des Steuerzahlers. Wer diese Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreitet, kann von seinem Selbstbehalt überhaupt nichts absetzen. Und zu Tarifen mit geringerem Selbstbehalt zurückzuwechseln, ist bei vielen Privatversicherern oft nur schwer möglich.

Auch Tarife mit Beitragsrückerstattung sind für Versicherte nun weniger attraktiv als früher. Wer eine Zeitlang keine Leistungen in Anspruch nahm oder sie selber bezahlte, konnte sich auf diese Weise einen Teil seiner Versicherungskosten zurückholen. Doch jetzt wird aus dem Vorteil leicht ein Nachteil: Rückerstattungen, die im Folgejahr ausgezahlt werden, mindern die abzugsfähigen Sonderausgaben für die Krankenversicherung. Ob und inwieweit sich solche Tarife noch lohnen, muss sich also jeder Steuerzahler selber ausrechnen.

UND WER GEWINNT

Generell lässt sich sagen, dass vornehmlich Gutverdiener von der neuen Regelung profitieren werden. Wer wenig für seine Krankenversicherung zahlt, kann auch wenig absetzen. Richtig lohnen dürfte sich das neue Recht für diejenigen, die sich oder andere einzeln versichern müssen, ohne dazu einen Arbeitgeberbeitrag zu erhalten. In einigen Fällen, etwa bei Rentnern oder Pensionären, könnte es gerade andersherum sein, sie fahren womöglich mit dem neuen Recht schlechter. Allerdings brauchen sie sich nicht zu grämen, denn für sie gibt es eine sogenannte „Günstigerprüfung“. Das bedeutet, es wird in jedem Fall geprüft, welches Recht dem Steuerpflichtigen zum Vorteil gereicht. Müsste jemand durch das neue Gesetz mehr Steuern zahlen als früher, greift automatisch die alte Rechtslage.

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