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Wirtschaft: Fondskrise könnte ein Fall für die Justiz werden

Anwälte: Deutsche-Bank-Vorstand drohen Strafen wegen Falschbewertung der Immobilien / Branche warnt vor Panikmache

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Berlin - Die Krise um den offenen Immobilienfonds der Deutschen Bank könnte für den Vorstand der Bank auch ein strafrechtliches Nachspiel haben. Wenn das Immobilienvermögen des Grundbesitz-Invest-Fonds tatsächlich zu hoch bewertet war und diese Falschbewertung im Jahresabschluss bilanziert wurde, könnte ein Verstoß gegen das Aktiengesetz oder das Handelsgesetzbuch vorliegen, sagten vom Tagesspiegel befragte Anwälte. Mit Blick auf ihre Kundenbeziehungen zur Deutschen Bank wollten die Anwälte ungenannt bleiben.

Hätte der Vorstand die wahren Verhältnisse falsch wiedergegeben oder verschleiert, drohe eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Bereits ab einer Freiheitsstrafe von drei Monaten gilt man als vorbestraft. Auch die auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Anlegeranwälte Andreas Tilp und Klaus Nieding halten strafrechtliche Verstöße für möglich. Der zuständigen Staatsanwaltschaft Frankfurt liegt aber bislang noch keine Strafanzeige vor.

Die Deutsche Bank Real Estate hatte im Dezember ihren Immobilienfonds Grundbesitz-Invest geschlossen und eine Neubewertung der Anteile angekündigt. In dieser Woche musste auch die Fondsgesellschaft KanAm zwei ihrer Fonds schließen, weil Berichte über eine mögliche Schieflage Anleger zum Verkauf veranlasst und den Fonds damit in Liquiditätsnöte gebracht hatte. Nach der Schließung der drei Fonds haben über eine halbe Million Kunden derzeit keinen Zugriff auf ihre Einlagen im Wert von mehr als neun Milliarden Euro. Insgesamt haben deutsche Anleger 86 Milliarden Euro in offene Immobilienfonds investiert.

Am Freitag bemühten sich Bundesbank, Verbraucherschützer und Anbieter um Schadensbegrenzung. Der Bundesverband der Investmentfonds (BVI) betonte, seiner Einschätzung nach stehe derzeit kein weiterer offener Immobilienfonds vor der Schließung. Anlageberater Peter Lischke von der Berliner Verbraucherzentrale forderte die Verbraucher auf, kühlen Kopf zu bewahren und keine Panikverkäufe zu tätigen. Auch Bundesbank-Vorstandsmitglied Edgar Meister warnte vor einer Panik. Die aktuellen Zahlen seien nicht besorgniserregend, sagte Meister, der innerhalb der Bundesbank für die Bankenaufsicht zuständig ist, der „Börsen-Zeitung“. „Bei einer falschen Einschätzung der Lage durch die Anleger kann sich das aber sehr schnell ändern.“

Anders als die Deutsche Bank wollen andere Finanzkonzerne weiterhin für ihre Fondsgesellschaften einstehen. „Die Hypo-Vereinsbank ist sich ihrer Verantwortung bewusst und hat dies in der Vergangenheit auch deutlich bewiesen“, sagte Markus Huber, Sprecher des zur HVB gehörenden Fondsanbieters iii-Investments. Auch die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, Union Investment, „steht weiterhin zur Difa“, betonte Sprecher Hans-Werner Martin. In den vergangenen Monaten hatten Union Investment, HVB, die Allianz und die Deka-Bank ihre angeschlagenen Fondstöchter Difa, iii, Degi und Deka mit dem Ankauf von Immobilien oder der Rücknahme von Fondsanteilen unterstützt.

Auch die Politik will Konsequenzen aus der Fondskrise ziehen. Die Koalitionsfraktionen von SPD und Union wollen sich in den kommenden Monaten gemeinsam mit dem Finanzministerium auf einen Änderungskatalog im Investmentgesetz einigen. Dabei sollen unter anderem Fragen der Immobilienbewertung bei offenen Fonds und die Haltedauer der Anteile besprochen werden. Nach Informationen des Tagesspiegel wollen die Finanzpolitiker der Koalition bereits am kommenden Montag erste Gespräche mit dem Finanzministerium dazu führen.

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