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Au revoir. Am Stadion in Marseille nehmen Menschen Abschied von Bernard Tapie.

© Clement Mahoudeau / AFP

Französische Legende und Manager: Bernard Tapie gestorben

Bernard Tapie war umstrittener Politiker, Eigner von Adidas und Olympique Marseille. Am Sonntag ist er mit 78 Jahren gestorben.

Er war ein Mann, „der einen Kampfgeist hatte, der Berge versetzen und nach dem Mond greifen konnte“, hieß es in einer Erklärung von Emmanuel Macron am Sonntag zum Tod von Bernard Tapie aus dem Elysée-Palast. Frankreichs Präsident würdigte den Wirtschaftsmagnaten und Fußballclubbesitzer als Legende, dessen Ehrgeiz, Energie und Enthusiasmus Generationen von Franzosen inspiriert habe. Am Sonntagmorgen starb Tapie an einer Krebserkrankung, teilte seine Familie der Zeitung „La Provence“ mit. Einer seiner Söhne schrieb auf Instagram: „Auf Wiedersehen, mein Phönix“.

Der ehemalige Politiker, Manager und Eigner des Fußballclubs Olympique Marseille galt in Frankreich als schillernde Figur. In Deutschland kannte man ihn vor allem als ehemaligen Besitzer von Adidas. Seine vielfältige Persönlichkeit war aber auch höchst umstritten, Tapie war in zahlreiche Skandale verwickelt, die ihn sogar zwischenzeitlich für einige Monate ins Gefängnis brachten.

Die Mutter war Krankenschwester, der Vater Heizungsmonteur

Der Aufstieg aus einfachen Verhältnissen gelang ihm durch Fleiß und Cleverness, die mit einer gewissen Skrupellosigkeit verbunden war. Geboren wurde Tapie am 26. Januar 1943 in Paris. Seine Mutter war Krankenschwester, der Vater Heizungsmonteur. Mit 14 begann er zu arbeiten. Laut „Spiegel“ war er später Rennfahrer und Popsänger. Auch Fernsehgeräte soll er verkauft haben. In den späten Siebzigerjahren begann seine Karriere als Investor. Mit wenig Kapital kaufte er sanierungsbedürftige Firmen, einige Jahre später konnte er sie für mehr Geld wieder verkaufen.

Auch Chef des Radsportteams La Vie Claire war Tapie. Und hier ebenfalls sehr erfolgreich. Das führte ihn weiter zum traditionsreichen Fußballclub Olympique Marseille, den er 1985 übernahm. Auch hier setzte Tapie auf ein jahrelang kriselndes Unternehmen – und führte es durch offenbar gekonnte Personalentscheidungen und eine solide Finanzierung nach oben. Tapie holte Franz Beckenbauer als Technischen Direktor nach Marseille und Rudi Völler als Spieler.

Mit Tapie an der Spitze gewann Olympique Marseille vier Meisterschaften in den Jahren 1989 bis 1992 – und 1993 als bis heute einziger Verein Frankreichs auch die Champions League.

Tapie holte Franz Beckenbauer als Technischen Direktor

Doch auf dem Weg nach oben waren dem Präsidenten offenbar viele Wege recht. Nach dem Gewinn des fünften Ligatitels in Folge, gab es 1993 einen Skandal, dem Verein wurde vorgeworfen, durch Bestechung ein Saisonspiel gegen Valenciennes gekauft zu haben. Das führte dazu, dass der nationale Fußballverband Tapie 1994 die Lizenz für jegliche Tätigkeit im französischen Fußball entzog und der Verein zum Zwangsabstieg in die zweite Liga verurteilt wurde. Ende 1995 wurde Tapie wegen der Schmiergeldaffäre zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Das kam, nachdem er bereits Privatinsolvenz hatte anmelden müssen.

Die Olympique-Fans in Marseille blieben ihm dennoch treu. Bis zuletzt nannten sie ihn den „Boss“. Nach der Nachricht von seinem Tod versammelten sich Unterstützer vor dem Stadion. Der Verein schrieb auf Twitter: Der langjährige Präsident werde „eine große Lücke in den Marseiller Herzen hinterlassen“. Das Gericht beschäftigte Tapie nicht nur als Sportfunktionär, sondern auch als Wirtschaftsmanager, nachdem er Anfang der 90er Jahre seine Anteile an dem deutschen Sportartikelhersteller Adidas verkaufte.

1990 hatte Tapie laut „Spiegel“ für etwa 600 Millionen D-Mark 80 Prozent von Adidas gekauft und seine Anteile 1991 weiter aufgestockt. Sein Versprechen, den Konzern zu sanieren, hielt er allerdings nicht ein. 1993 verkauft er seine Anteile an die damals staatliche Bank Crédit Lyonnais. Die Bank wiederum konnte die Beteiligung mit großem Gewinn weiterverkaufen, deshalb fühlte sich der Geschäftsmann betrogen, zog vor Gericht – und bekam Recht: 2008 sprach ein privates Schiedsgericht Tapie gut 400 Millionen Euro Schadenersatz vom Staat zu.

Dieses Mal kam es zu einem politischen Skandal

Auch das führte zu einem Skandal, dieses Mal zu einem politischen. Der Verdacht stand im Raum, dass die damalige Wirtschaftsministerin und heutige Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, keine Rechtsmittel dagegen eingelegt habe und das im Auftrag des damaligen konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Die Geschichte dahinter: Tapie hatte Sarkozy vor seinem Wahlsieg 2007 unterstützt. Tatsächlich wurde Lagarde 2016 wegen Beihilfe zur Veruntreuung von Staatsgeldern schuldig gesprochen, ging aber straffrei aus. Doch damit war die Affäre nicht zu Ende und die juristische Aufarbeitung dauerte an. Für diesen Mittwoch war in einem Berufungsverfahren ein Urteil gegen Tapie wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum Betrug und Veruntreuung erwartet worden.

Tapies Verbindungen in die Politik waren eng, er selbst besetzte führende politische Ämter. Unter dem sozialistischen Präsidenten François Mitterrand war er in den Neunzigerjahren Minister für Städtebau. Außerdem war er Mitglied der französischen Nationalversammlung und des Europäischen Parlaments für die linksliberale Partei PRG.

Seit Jahren litt Bernard Tapie an Krebs. Sein Zustand hatte sich in den vergangenen Monat stetig verschlechtert. In der Nacht zum Sonntag sei er ins Koma gefallen, erklärte Guilhem Ricavy, der Redaktionsleiter von „La Provence“ der Nachrichtenagentur AFP. Seine Familie erklärte, dass er „friedlich“ in seinem Haus in Paris verstorben sei. Beigesetzt werden soll er in seiner „Herzensstadt“ Marseille in Südfrankreich. mit AFP, dpa

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