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Gasag

© dpa

Energie: Gaspreise vor Gericht

Das Bundeskartellamt lässt im Streit mit dem Berliner Versorger Gasag nicht locker.

Berlin - Das Bundeskartellamt lässt im Streit um überhöhte Gaspreise mit dem Berliner Gasversorger Gasag nicht locker. „Für uns ist das Missbrauchsverfahren sehr wichtig“, sagte Silke Kaul, Sprecherin des Bundeskartellamts, dem Tagesspiegel. „Die Gasag ist darin ein wichtiger Bestandteil.“

Die Wettbewerbsbehörde untersucht neben dem Berliner Versorger 34 weitere Gaslieferanten in Deutschland und geht dabei dem Verdacht nach, dass die Unternehmen überhöhte Gaspreise verlangen. Das Amt will prüfen, ob die Spanne zwischen dem Preis, den die Verbraucher zahlen müssen, und den Kosten der Unternehmen angemessen ist. Ist die Differenz zu hoch, kann die Behörde eine Senkung der Preise anordnen.

Die Gasag war bisher nicht bereit, ihre Daten zur Preisgestaltung offenzulegen. Im Gegenteil: Das Verfahren könne ihre Existenz bedrohen, hatte der Vorstand in den vergangenen Tagen erklärt. Der Konzern fürchtet, von den Kartellwächtern einen Preis diktiert zu bekommen, der das Unternehmen in die roten Zahlen treibt. Das Bundeskartellamt weist diesen Vorwurf zurück. „Die Gasag braucht keine Angst vor der Pleite zu haben“, erklärt Behördensprecherin Silke Kaul. „Sollte das Unternehmen verpflichtet werden, die Preise zu senken, wird dies in einem angemessenen Rahmen geschehen.“

Die Wettbewerbshüter vermuten, dass auch die Preise der Gasag unangemessen hoch sind, und stützen sich dabei auf die Tarife der Kieler Stadtwerke, die zum Vergleich herangezogen wurden. Ein unfaires Vorgehen, findet die Gasag. Die Verhältnisse in Kiel seien nicht mit denen in Berlin vergleichbar, heißt es im Unternehmen.

Das sehen die Wettbewerbshüter anders. „Die Kalkulation ist richtig“, betont Sprecherin Silke Kaul. Verglichen wurden die Nettopreise der Unternehmen. Um diesen Nettogaspreis zu errechnen, werden vom Endpreis die Kosten der Versorger abgezogen, dazu zählen Konzessionsabgaben, Netzentgelte und die Erdgassteuer. Da nach Abzug dieser Kosten der Gaspreis in Kiel viel niedriger ist als die Summe, die die Gasag in Berlin verlangt, wirft das Bundeskartellamt dem Versorger vor, seine marktbeherrschende Stellung auszunutzen.

Die Gasag weist das zurück. „Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen“, kritisiert Vorstand Andreas Prohl, der im Konzern für Vertrieb und Technik zuständig ist. Anders als in Kiel sei der Berliner Energiemarkt vollständig privatisiert. Gasag und Netzbetreiber seien unabhängig voneinander und müssten profitabel arbeiten. „Auch die Konzessionsabgaben an das Land Berlin müssen wir hart verhandeln“, gab Prohl zu bedenken. „Wir vermuten, dass das in Kiel nicht so ist“, da an den Kieler Stadtwerken die Stadt zu rund 50 Prozent beteiligt sei. Der Gasag-Vorstand geht davon aus, „dass es hierdurch zu Mischkalkulation und Quersubventionen kommt“, kann dies aber nicht belegen. Doch „anders können wir uns den enorm niedrigen Nettopreis nicht erklären“.

Die eigenen Preise liegen nach Einschätzung des Gaslieferanten „in der besseren Hälfte des Bundesdurchschnitts“. „Wir werden zu Unrecht verdächtigt“, beteuert Prohl. Dem Bundeskartellamt leuchtet das nicht ein: „Wenn die Gasag überzeugt ist, keine missbräuchlichen Preise zu haben, dann kann sie uns die Daten liefern“, insistiert Sprecherin Silke Kaul.

Stattdessen will der Berliner Gasversorger das Verfahren mit juristischen Mitteln stoppen. „Wir zweifeln nicht an der Kompetenz, aber an der Zuständigkeit des Bundeskartellamtes“, sagt Olaf Czernomoriez, Gasag-Vorstand und Verantwortlicher für Unternehmensentwicklung und Recht. Nach Meinung der Gasag ist das Landeskartellamt zuständig und beteuert, dass dieses „bisher kein Verfahren gegen die Gasag geführt hat“. Doch die Landesbehörde hat vor einigen Wochen die Prüfung an das Bundeskartellamt abgegeben. Dagegen hat der Gasversorger nun Beschwerde beim Kammergericht eingereicht. Die Berliner Richter sollen noch vor dem 22. April entscheiden. An diesem Tag läuft die Frist ab, die das Bundeskartellamt der Gasag für eine Offenlegung der Verhältnisse gesetzt hat.

Entscheidet das Gericht zugunsten der Bonner Kartellwächter, „dann wird die Gasag die Daten an uns herausgeben müssen“, sagt Kaul. Aber auch wenn die Bundesbehörde am Ende nicht zuständig sein sollte, wird die Gasag den Streit vorerst nicht zu den Akten legen können, denn „dann bleiben wir auf jeden Fall an der Sache dran“, sagt Sprecherin Kaul. Seit Freitag schlägt der Berliner Gasversorger versöhnlichere Töne an: „Wenn die Gerichte gegen uns entscheiden, dann müssen wir die Zahlen vorlegen.“

Von dem Streit könnten am Ende die Gaskunden profitieren. Verbraucherschützer sind optimistisch. Sollte das Bundeskartellamt die Gasag zwingen, die Preise zu senken, „dann wird das Unternehmen die Senkung an ihre Kunden weitergeben müssen“, sagt Bernd Ruschinzik von der Verbraucherzentrale Berlin.

Tina-Marlu Kramhöller

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