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Wirtschaft: Gefährliche Riesenlaster

Experten warnen vor einem Einsatz von 60-Tonnen-Lkws– doch die Wirtschaft hält Sicherheitsbedenken für übertrieben

Berlin - Experten des Bundes warnen davor, 60-Tonnen-Lastwagen auf deutschen Straßen zuzulassen. Die von der Wirtschaft geforderten Fahrzeuge würden große Sicherheitsrisiken mit sich bringen und die Infrastruktur stark belasten, heißt es in einer Stellungnahme der Bundesregierung zu einer Anfrage der FDP, die sich auf eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) stützt.

In der Studie heißt es, dass Unfälle mit 60-Tonnern „deutlich gravierendere Folgen“ hätten als mit gewöhnlichen Lkws. Leitplanken auf Autobahnen könnten dem Aufprall eines so großen Fahrzeugs womöglich nicht standhalten. Die Behörde befürchtet außerdem, dass Brücken durch die rund 25 Meter langen Lkws so stark in Mitleidenschaft gezogen würden, dass sie „verstärkt oder schrittweise ersetzt“ werden müssten. Ein Drittel der rund 36 000 Brücken in Deutschland stammt noch aus den 50er Jahren. Weiterhin müssten Tunnel auf ihre Sicherheit überprüft werden. Auf Parkplätzen könnte es sehr eng werden.

Der Lobbyverband Allianz Pro Schiene, in dem Bahnfirmen und Verkehrsverbände organisiert sind, fordert für die Riesenlaster deshalb „eine rasche und einfache Bestattung auf dem Schrottplatz für Erfindungen, die niemand braucht“. Für „wirtschaftlich unsinnig“ hält Verbandschef Norbert Hansen die so genannten Gigaliner.

Die endgültigen Ergebnisse der BASt-Studie sollen im März vorliegen. Das Bundesverkehrsministerium will dann entscheiden, welche Haltung man in den Verhandlungen mit den Ländern einnehme, die über die Zulassungen entscheiden. Eine Sprecherin von Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte, dass man den 60-Tonnern in ihrem Hause „grundsätzlich skeptisch“ gegenüberstehe.

In Schweden, Finnland und den Niederlanden gehören die 60-Tonner schon zum Straßenbild. Die Fahrzeuge sind etwa sechs Meter länger als die 40-Tonner und haben sieben statt fünf Achsen. Die Angabe 60 Tonnen bezieht sich auf das zulässige Gesamtgewicht, also das beladene Fahrzeug. Für die Innenstädte wären diese Lkws zu groß, sie verkehrten hauptsächlich zwischen Logistikzentren.

Heiner Rogge, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) würde eine Erlaubnis daher begrüßen. Er sieht den Vorteil der 60-Tonner weniger im gestiegenen Zulassungsgewicht als vielmehr im höheren Lastvolumen. „Man kann mit zwei 60-Tonnern transportieren, wozu man sonst drei 40-Tonner bräuchte“, sagte er. Rogge glaubt, dass auch ein 60-Tonner vollbeladen nicht mehr als 46 Tonnen wiegen würde, da die Güter immer leichter würden. Er warnte davor, die Lkws als „Monstertrucks“ zu tabuisieren. „Der Verkehr wird weiter wachsen, darauf muss man intelligent reagieren.“

Auch drei Bundesländer stehen den Lastern aufgeschlossen gegenüber. Ungeachtet der BASt-Studie haben Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg mit Feldversuchen begonnen. Man wolle die Studie des Bundes ergänzen, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums. Außerdem gehe es lediglich um drei Fahrzeuge des bei Osnabrück ansässigen Lkw-Bauers Krone. In Baden-Württemberg sind unterdessen 60-Tonner von Daimler-Chrysler auf einer Teststrecke bei Stuttgart unterwegs.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Hermann, kritisierte dies scharf: „Es geht überhaupt nicht ums Testen. Es soll Akzeptanz geschaffen werden. Auf Herstellerseite ist die Entscheidung längst gefallen.“ Das Argument, dass man mit größeren Lkws Sprit spare, hält er für „scheinheilig“: „Der Güterverkehr gehört auf die Schiene.“

Bei der FDP fürchtet man hingegen, dass Deutschland bei einer Entscheidung gegen die 60-Tonner diese von anderen Ländern „aufgedrückt“ bekomme. „Mittelfristig kommen die 60-Tonner“, sagte der verkehrspolitische Sprecher Horst Friedrich. Viele Gegenargumente seien falsch: „Auch ein 40-Tonner durchbricht schließlich eine Leitplanke.“

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