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Spielzeug

© ddp

China: Gefährliches Spielzeug

Die Hersteller müssen ihre Produkte bislang nicht extern prüfen lassen – nicht nur die Bundesregierung fordert strengere Kontrollen.

Jasmin ist verunsichert: „Ich bin in großer Sorge, weil meine Tochter ihr Spielzeug in den Mund steckt und darauf herumbeißt“, schreibt die Mutter einer 15-monatigen Tochter in einem Elternforum im Internet. Nachdem die Spielzeugkonzerne Mattel und Toys ’R’ Us in dieser Woche Millionen in China produzierte Spielwaren und Baby-Lätzchen wegen überhöhter Bleiwerte und gefährlicher Kleinteile zurückgerufen haben, wissen viele Eltern nicht, mit welchem Spielzeug ihre Kleinen noch bedenkenlos spielen können: Ist der Lack auf dem Rennauto giftig? Wo wurde eigentlich der Lieblings-Teddy meiner Tochter zusammengenäht?

Die Bundesregierung nimmt die Vorfälle ernst. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat für den kommenden Donnerstag Hersteller, Verbraucherschützer und Verbände zu einem Krisentreffen eingeladen. „Es sind zusätzliche Hilfen für die Kaufentscheidung notwendig“, heißt es aus dem Ministerium. Bei dem Treffen soll über ein einheitliches Qualitätssiegel diskutiert werden. Ob es ein solches Siegel jemals geben wird, ist unklar. Vorerst müssen sich Spielzeugkäufer weiter durch das Dickicht bestehender Prüfsiegel kämpfen.

Alle Spielwaren in Deutschland tragen das CE-Zeichen. Damit versichert der Hersteller, dass er sich an europäische und deutsche Spielzeugrichtlinien hält, also zum Beispiel keine verbotenen Chemikalien verwendet. Die Hersteller können sich dieses Zeichen allerdings selbst verleihen. Prüfungen von einer externen Organisation sind nicht verpflichtend. Verbraucherschützer sehen darin eine große Sicherheitslücke: „Das CE-Zeichen ist kein Qualitätssiegel, sondern eine Selbsterklärung“, sagt Sylvia Maurer vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Sich darauf zu verlassen, hält sie für gefährlich und irreführend.

Hilfreicher ist das GS-Siegel (Geprüfte Sicherheit), das Hersteller beim TÜV freiwillig beantragen können. 50 000 Produkte erhielten im vergangenen Jahr das Zertifikat. Die TÜV-Kriterien sind in allen Bereichen strenger als beim CE-Zeichen. Beispielsweise müssen die zertifizierten Hersteller ihre Fabriken und Produktionsabläufe vom TÜV kontrollieren lassen. Die TÜV-Tests werden jährlich wiederholt. Getestet wird nicht nur in Deutschland: Allein der TÜV-Rheinland betreibt in China 24 Labore mit 1400 Prüfern. Verbraucherschützerin Maurer hält die TÜV-Standards für ausreichend, weist aber darauf hin, dass unseriöse Anbieter versuchen, das Siegel zu fälschen. Käufer sollten also ganz genau hingucken und zum Beispiel auf Rechtschreibfehler auf Verpackungen achten.

Wer vollkommen auf Nummer sicher gehen möchte, sollte seinen Nachwuchs nur mit Produkten spielen lassen, die das TÜV-Proof -Siegel tragen. „Um dieses Siegel zu erhalten, müssen noch höhere Standards als bei GS-Siegel erfüllt werden“, sagt Hartmut Müller-Gerbes vom TÜV-Rheinland. Das Siegel wurde speziell für Spielzeug entwickelt, während mit dem GS-Siegel auch Elektrogeräte zertifiziert werden.

Obwohl sich die TÜV-Kontrollen bewährt haben, will die EU-Kommission alle Siegel, die über das in ganz Europa verwendete CE-Zeichen hinausgehen, abschaffen. „Wir werden unser Siegel trotzdem weiter verleihen, egal was die EU entscheidet“, sagt Müller-Gerbes. Zusätzlich zu den TÜV-Zertifikaten haben sich zwei weitere Siegel etabliert: 600 ausgewählte Produkte erhalten jedes Jahr das Spiel gut-Siegel. Es bescheinigt, dass die Produkte pädagogisch wertvoll sind, soll aber auch über Umweltfreundlichkeit und Sicherheit gewährleisten. Bei nur einem einzigen Labormitarbeiter kann es aber in dieser Hinsicht nicht mit den TÜV-Siegeln konkurrieren.

Siegel für fair gehandeltes Spielzeug gibt es nicht. Eine Aktionsgemeinschaft, die vom kirchlichen Hilfswerk Misereor unterstützt wird, verleiht jedoch ein eigenes fair-spielt-Siegel, das menschwürdige Produktionsabläufe kontrolliert und einen Überblick hat, in welchen Ländern deutsche Hersteller produzieren.

Damit Kinder gefahrlos spielen können, sollten sich Eltern beim Spielzeugkauf nicht nur auf Qualitätssiegel verlassen, sondern selbst Vorkehrungsmaßnahmen treffen: Plüschtiere etwa gehören, bevor sie zum ersten Mal gedrückt werden, erst einmal in die Waschmaschine. Holzspielzeug kauft man am besten unlackiert oder gebraucht, weil schädliche Stoffe in der Regel nach einiger Zeit verdunsten. Außerdem schadet es nicht, die Nase an neues Spielzeug zu halten. Manche Schadstoffe fallen durch strengen Geruch auf.

Weitere Tipps gibt es unter:

www.verbraucherzentrale-sh.de
www.fair-spielt.de

Johannes Pennekamp

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