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Steigende Preise: Geiz bleibt geil

Die Preise für Lebensmittel und Benzin haben kräftig angezogen. Das drückt die Konsumstimmung auf den tiefsten Wert seit sieben Monaten. Viele Bürger verweigern sich so gut es geht der Inflationswelle.

Berlin - Gut möglich, dass Constantin Kaloff im Mai etwas voreilig war mit seiner Prognose, aber nun ist es zu spät. Die Elektronikmarktkette Saturn hat eine der erfolgreichsten Werbekampagnen der Geschichte gerade beendet und durch eine neue ersetzt. „’Geiz ist geil’ hat fünf Jahre sehr erfolgreich dem Zeitgeist entsprochen“, sagt Werbetexter Kaloff, der den berühmt-berüchtigten Slogan für Saturn erfunden hatte. „Hauptsache billig“, sei lange die Devise gewesen. Die Konsumstimmung war auf dem Tiefpunkt. Mittlerweile, begründet der Werber seine Einschätzung vom Frühjahr, „wird immer mehr auf Qualität, Marke und Service geachtet.“

Doch was damals noch seine Berechtigung hatte, droht nun ins Gegenteil umzuschlagen. Die mit dem Wirtschaftsaufschwung gewachsene Kauflust der Verbraucher ist im Oktober durch höhere Preise für Lebensmittel, Strom und Benzin deutlich gebremst worden. Der Konsumklimaindex der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gab erneut nach und erreicht – nach 6,7 Punkten im Vormonat – jetzt nur noch einen Wert von 4,9 Punkten, wie die GfK am Freitag mitteilte. Das ist der niedrigste Wert seit sieben Monaten.

Obwohl die Durchschnittseinkommen steigen (siehe Kasten), halten sich viele Verbraucher bei Anschaffungen zurück, haben die Marktforscher in der monatlichen Befragung von 2000 Konsumenten herausgefunden. Das liegt daran, dass die Deutschen sowohl mit Blick auf die künftige Konjunkturentwicklung als auch ihre persönliche Einkommensentwicklung skeptisch sind.

„Durch steigende Preise beziehungsweise Ankündigungen weiterer Preiserhöhungen sehen viele Verbraucher die Kaufkraft ihrer verfügbaren Einkommen gefährdet“, schreiben die Marktforscher. Verstärkt wurde das Gefühl durch den starken Euro, die US-Finanzkrise und zunehmend kritische Stimmen hinsichtlich der weiteren konjunkturellen Entwicklung. Nach Meinung von GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl wird sich daran auch so schnell nichts ändern. Mit einer Besserung sei erst zu rechnen, wenn das Thema Inflation an Dramatik verliere und an der Preisfront wieder Ruhe einkehre, erwartet Bürkl.

Doch danach sieht es auch im Oktober nicht aus – im Gegenteil: In den ersten Bundesländern, die ihre monatliche Teuerung am Freitag meldeten, lag die Inflationsrate zwischen 2,3 und 2,7 Prozent. Und auch der Ölpreis (siehe untenstehender Artikel) stieg gestern auf ein neues Allzeithoch, was die Inflation weiter anheizen dürfte.

„Zurückhaltung macht sich breit“, konstatiert GfK-Experte Bürkl. Und die könnte dazu führen, dass die Verbraucher schneller, als es dem Handel Recht sein kann, wieder zur „Geiz ist geil“-Mentalität zurückkehren. Kurz vor Beginn des Weihnachtsgeschäfts kommt das mehr als ungelegen, denn der Einzelhandel setzt nach einem flauen Jahresauftakt auf einen starken Jahresendspurt.

Mehr als eine halbe Milliarde Euro hat der Elektronikkonzern Saturn in seine neue Kampagne gesteckt, die ebenfalls von Kaloff entwickelt worden ist – diesmal allerdings im Auftrag der Berliner Agentur Scholz & Friends. Seit Mittwoch wirbt Metro-Tochter Saturn mit dem Spruch „Wir lieben Technik! Wir hassen teuer!“. Die Konsumstimmung hat sich geändert“, sagt Kaloff. „Und genau das hoffen wir mit dem neuen Motto abzubilden.“ Zu dem Preisversprechen komme jetzt noch ein Qualitätsversprechen hinzu.

„Es ist absolut richtig, dass sich die Werbung gesellschaftlichen Stimmungen anpasst“, sagt Volker Nickel vom Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft. „Die Frage ist nur, was passiert, wenn die Stimmung wieder kippt.“

Maren Peters

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