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Geldanlage-Empfehlungen: Banken planen Beipackzettel

Weil der Bund mit einem Gesetz droht, warnen fast alle großen Institute künftig vor den Risiken der Geldanlagen, die sie empfehlen.

Berlin - Fast alle Großbanken wollen ihren Kunden künftig Beipackzettel an die Hand geben, auf denen über Chancen und Risiken der jeweiligen Geldanlagen informiert wird. Das hat eine Recherche des Tagesspiegels bei den Instituten ergeben. Mit den Produktinformationsblättern hoffen die Banken, einer gesetzlichen Regelung zu entgehen.

So will die Postbank ihren 500 000 Depotkunden im Sommer solche Beipackzettel für Finanzanlagen an die Hand geben, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Die Hypo-Vereinsbank geht einen Schritt weiter. Die Bank erarbeite derzeit „rund um das Thema Beratungs- und Dienstleistungsqualität ein Maßnahmenpaket, das über das Spektrum eines reinen Produktinformationsblattes hinausgehen wird“, berichtete ein Sprecher. Das Paket soll im Frühjahr vorgestellt werden.

Hintergrund der Aktivitäten in der Finanzbranche ist die Drohung von Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU), Banken und Sparkassen notfalls per Gesetz zu einheitlichen Produktinformationen zu zwingen. Die Ministerin will erreichen, dass Kunden die Angebote verschiedener Institute besser miteinander vergleichen können als heute. Dazu sollen in verständlicher Sprache und übersichtlicher Form die wichtigsten Informationen zu Laufzeit, Risiken, Rendite und Besonderheiten des Produktes zusammengestellt werden. Das Verbraucherschutzministerium hat dazu eine Mustervorlage entwickelt. Parallel dazu wird auch in Brüssel an einer besseren Information der Kunden im Finanzbereich gearbeitet. Für den Fondsbereich wird eine entsprechende EU-Regelung demnächst in Kraft treten, andere Produktgruppen sollen folgen.

Als Konsequenz aus der Finanzkrise hatte Ministerin Aigner bereits im vergangenen Sommer die deutschen Kreditinstitute aufgefordert, die Kunden besser über Finanzprodukte zu informieren. „Die Banken haben damals ablehnend reagiert“, erinnert sich Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Nur die ING Diba hat den Appell den Ministerin schnell aufgegriffen. Die Direktbank gibt ihren Kunden bereits seit vergangenem September Infoblätter für 22 Anlageprodukte. Das Spektrum soll jetzt erweitert werden, sagt Sprecher Thomas Bieler. Ab Frühjahr sollen auch für jeden Fonds, den die Direktbank verkauft, Beipackzettel zur Verfügung stehen.

Nun ziehen auch andere Banken nach. Seit voriger Woche gibt die Deutsche Bank Produktinformationsblätter für die Finanzanlagen heraus, die sie selbst entworfen hat und neu auf den Markt bringt. Peu à peu sollen auch Finanzprodukte einbezogen werden, die die größte deutsche Privatbank bereits seit längerem im Angebot hat, heißt es auf Anfrage.

Während sich die ING Diba und die Deutsche Bank auf das Muster aus dem Verbraucherschutzministerium stützen, geben die Sparkassen eigene Informationsblätter für die von ihnen entwickelten Produkte heraus. Das Problem: Jede Sparkasse hat bisher ihre eigenen Waschzettel. Das soll sich ändern, heißt es beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband. „Wir können uns durchaus vorstellen, hier zu einer Vereinheitlichung zu kommen“, sagte Verbandssprecher Stefan Marotzke dem Tagesspiegel.

Auch Commerzbank-Kunden bekommen bereits Informationen zu Finanzprodukten – allerdings nur zu denen, die die Bank „aktiv“ anbietet“, berichtet ein Sprecher. Weiterentwicklungen im Alleingang sind im Gegensatz zur Konkurrenz nicht geplant. „Wir warten ab, was der Bundesverband empfiehlt“, heißt es auf Anfrage.

Neben den Initiativen der Großbanken bastelt der Bundesverband deutscher Banken (BDB) derzeit an einem Muster-Produktinformationsblatt. Auch dieses Blatt soll sich an der Vorlage aus dem Ministerium orientieren, allerdings soll es mit Blick auf die anstehenden Veränderungen aus Brüssel einige Abweichungen geben. „Das betrifft vor allem die Reihenfolge der Angaben und die Form“, sagte Georg Baur vom Bankenverband. Bis Ende März soll die Vorlage fertig sein. Der Bankenverband geht davon aus, dass sich die Informationsblätter der einzelnen Banken dann in allen wesentlichen Punkten sehr ähneln werden.

Verbraucherschützerin Mohn gefällt das Durcheinander nicht – sie fordert verbindliche Standards für die Produktinformationen. „Die Banken wollen verhindern, dass die Verbraucher die Produkte klar vergleichen können“, kritisiert Mohn. Zwar sei zu begrüßen, dass endlich Bewegung in die Branche komme. „Eine verbindliche gesetzliche Vorgabe für einen einheitlichen Informationsstandard ist aber besser“, meint Mohn.

Ministerin Aigner wartet vorerst ab, ob weitere Banken dem Beispiel der Deutschen und der ING Diba folgen. „Unser Ziel ist es, bundesweit ein einheitliches Produktinformationsblatt für alle durchzusetzen“, sagte Ministeriumssprecher Holger Eichele dem Tagesspiegel. Grundlage dafür sei das Muster aus dem Ministerium. Wenn nicht alle Banken mitziehen, müsse das notfalls per Gesetz sichergestellt werden. Eines sei klar: „Die Geduld der Ministerin ist nicht endlos.“

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