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Nach italienischer Art: der erste VW Scirocco.

© dpa

Giugiaro-Übernahme: Volkswagen wird italienischer

Der Wolfsburger VW-Konzern übernimmt den Autodesigner Giugiaro. Die Italiener sollen nicht nur klassische Designaufgaben übernehmen.

Berlin - Die besten Autos bauen die Italiener nicht. Aber die schönsten. Dieses Klischee hat auch die deutsche Autometropole am Mittellandkanal erreicht. In Wolfsburg, wo Europas größter Autohersteller gesteuert wird, ist man schon lange begeistert von der italienischen Designkunst und hat sich über die Jahrzehnte immer mal wieder bei den südeuropäischen Linienkünstlern und Karosserieästheten Hilfe gesucht. Das ist nun vorbei. Der VW-Konzern umfasst inzwischen, Porsche dazugerechnet, zehn Marken. Kleine und große Autos, kleine und große Lastwagen. Da hat man auch noch Geld für eine italienische Designfirma. Schließlich hat man nicht zuletzt in Wolfsburg verstanden, wie der Autofahrer tickt: „Auto ist Heartware“, sagte einst der Finanzvorstand und enge Vertraute Ferdinand Piëchs, Jens Neumann, und legte dazu die rechte Hand aufs Herz. Emotionen sind ganz wichtig. Und die gehen offenbar durchs Auge.

Also Italdesign Giugiaro S.p.A., abgekürzt (IDG) aus Turin. Der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn selbst reiste nach Norditalien, in die Fiat-Stadt, um die jüngsten Familienfreuden zu feiern. „Heute beginnt eine neue Ära in der strategischen Partnerschaft unserer Unternehmen. Italdesign wird ein festes Mitglied der weltweiten Volkswagen-Familie“, freute sich der Konzernpapa. Und tatsächlich hat das neue Mitglied das Gesicht des Clans in den vergangenen Jahrzehnten schon sehr geprägt. Giugiaro hat den Golf I entworfen und dazu auch wichtige Studien für den ersten Passat, den Scirocco oder den Audi 80 geleistet. Allesamt großartige Fahrzeuge, die Automobilgeschichte geschrieben haben. Wenn auch der Scirocco zwischenzeitlich für einige Jahre verschwand, aber nun in einer überarbeiteten und dabei etwas gequetschten Form wieder zu haben ist. Also gar nicht italienisch aussieht in der dritten Generation. Aber Geschmack ist so eine Sache.

Wie viel Geld VW zahlt für Italdesign Giugiaro, ist nicht bekannt. Dass es überhaupt zu dem Deal kam, hat der deutsche Konzern womöglich einer anderen italienischen Tochter zu verdanken, die nicht nur brachial hübsch ist, sondern dazu auch ganz ungewöhnliche Töne spuckt: Lamborghini. Es ist die Rennwagenfirma, die wiederum zur VW-Tochter Audi gehört, die gut 90 Prozent der Anteile an dem Designunternehmen übernimmt. Was Italdesign künftig für die neuen Brüder und Schwestern tun wird, ist Familiengeheimnis. Immerhin so viel teilten die verschlossenen Wolfsburger mit: Bei der Modellfamilie des Miniwagens Up, der 2011 auf den Markt kommt, sind die Italiener beteiligt. Sie können also auch kleine Karren stylen.

Die Italiener sollen aber nicht nur klassische Designaufgaben übernehmen, sondern insbesondere bei der Karosserieentwicklung und beim Prototypenbau Funktionen übernehmen.

IDG wurde 1968 von Giorgetto Giugiaro und Aldo Mantovani in Turin gegründet. In klassischer italienischer Prosa würdigte der Unternehmensgründer am Dienstag das Aufgehen in der neuen, deutschen Familie: „Aus Tropfen werden Flüsse, aus Flüssen werden Meere. Wir sind ein solcher Tropfen. Ein Teil des Volkswagen-Konzerns zu werden, führt zu einer Neubewertung unseres Unternehmens und unserer Stärke“, sprach Giugiaro.

Und Winterkorn hat das große Ziel im Auge, bis 2018 Toyota als größten und profitabelsten und überhaupt schönsten Autokonzern der Welt abzulösen. VW setze in den kommenden Jahren seine Modelloffensive fort und werde dabei von den Kompetenzen und Kapazitäten der Italiener profitieren. Schließlich sei Italdesign das „Aushängeschild für kreatives italienisches Automobildesign und hat das Gesicht der Automobilindustrie weltweit mit geprägt“. Viel schöner kann sich ein Familienpatriarch nicht über neuen Nachwuchs freuen.Alfons Frese

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