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RECHTS Frage: Haben Erben ein Wahlrecht?

Ein Leser hat im vergangenen Jahr von seinem Onkel ein Haus geerbt. Jetzt hat er gehört, dass er wählen kann, ob er das Erbe nach altem oder neuem Recht versteuert. Mit welcher Regelung zahlt er die wenigsten Steuern? Eine Rechtsfrage an Ulrich Schellenberg, Rechtsanwalt und Notar.

Seit Anfang dieses Jahres gelten beim Erben und Schenken neue Steuerregeln. Im Vergleich zum früheren Erbschaftssteuerrecht gibt es für Immobilien-Erben zwei wesentliche Unterschiede.

Während sich früher der Wert einer Immobilie nach dem Steuerwert richtete, gilt für die Bemessung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ab jetzt der Verkehrswert. Dies führt im Regelfall dazu, dass der Wert einer Immobilie nun deutlich höher anzusetzen ist als dies bislang der Fall war.

Der Gesetzgeber hat dies dadurch versucht auszugleichen, dass er die Freibeträge für nahe Angehörige deutlich erhöht hat. Nach dem neuen Recht stehen Ehepartnern jetzt Freibeträge von 500 000 Euro und Kindern Freibeträge von 400 000 Euro zur Verfügung. Von dieser Erhöhung der Freibeträge haben aber fernere Verwandte nicht profitiert. Der Freibetrag, der Ihnen im Verhältnis zu Ihrem Onkel zusteht, wurde lediglich von 10 300 Euro auf 20 000 Euro erhöht. Bereits aus diesem Grunde dürfte das neue Erbschaftssteuerrecht für Sie nicht attraktiv sein. Dies gilt umso mehr, als im neuen Recht auch die Steuersätze für ferne Verwandte deutlich erhöht wurden.

Aus diesem Grunde gehe ich davon aus, dass das bis 30. Juni dieses Jahres geltende Wahlrecht zwischen dem alten und neuen Recht für Sie nicht interessant ist. Grundsätzlich haben Sie aber Recht: für Erbfälle, die zwischen dem 31. Dezember 2006 und dem 1. Januar 2009 eingetreten sind, kann auf Antrag der Erben zwischen dem alten und dem neuen Recht gewählt werden.

Dieses Wahlrecht gilt aber nur für Erbfälle und nicht für Schenkungen. Bei der Ausübung dieses Wahlrechts heißt es zudem genau hinsehen. Der Gesetzgeber hat nämlich gerade die erhöhten Freibeträge wieder vom Wahlrecht ausgenommen. Das bedeutet, dass selbst dann, wenn Sie sich für das neue Recht entscheiden sollten, Sie nur die geringeren Freibeträge des alten Erbschaftssteuerrechtes nutzen können.

Für wen ist das Wahlrecht überhaupt interessant, könnte man sich angesichts dieser Einschränkungen fragen. Die Antwort: Das Wahlrecht macht in allererster Linie Sinn, wenn Betriebsvermögen vererbt wurde. Auch für Immobilien-Erben kann die Ausübung des Wahlrechtes in Einzelfällen von Vorteil sein. Dies gilt etwa bei eingetragenen Lebenspartnern oder bei der selbstgenutzten Wohnimmobilie, wenn deren Wohnfläche unter 200 Quadratmetern liegt, was zumeist gegeben ist. In jedem Fall muss aber mit einem spitzen Stift sorgsam gerechnet werden, bevor dieses Wahlrecht ausgeübt wird. Am besten, Sie lassen sich durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater beraten.Foto: Kitty Kleist-Heinrich

an Ulrich Schellenberg

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