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© dpa

Halle/Leipzig: 2000 Tonnen Fracht jede Nacht

Die Post-Tochter DHL eröffnet ihr Drehkreuz am Flughafen Leipzig. Berlin ist damit abgeschlagen, denn der neue Flughafen BBI wird höchstwahrscheinlich nicht zum Drehkreuz werden.

Es riecht nach Verkehr, und genauso hört es sich auch an. Draußen rattert ein Lastwagen vorbei, donnernd landet ein Flugzeug, ein Container scheppert. Auch drinnen, im schneeweißen Festzelt, geht es um Verkehr – um das „modernste Drehkreuz Europas, wahrscheinlich sogar der Welt“, um 300 Millionen Euro, die es gekostet hat, um Arbeit für bis zu 3500 Menschen, die es bringen soll. Das jedenfalls kündigte Frank Appel an, der Vorstandschef der Deutschen Post. Er eröffnete am Montag die neue Warendrehscheibe der Konzerntochter DHL am Flughafen Leipzig-Halle. Das Projekt sei „ein logistisches Zentrum von Weltformat“ und gebe Ostdeutschland wichtige Impulse, sagte er.

DHL ist Marktführer im weltweiten Fracht-Expressgeschäft. In den neuen Hallen kommen Sendungen aus ganz Europa an und werden von dort aus weiter verteilt. Dazu hat das Unternehmen ein fünf Fußballfelder großes Sortierzentrum gebaut sowie einen Hangar, in dem zwei Airbus-A 380-Maschinen gleichzeitig gewartet werden können. Bis dato war Brüssel das Drehkreuz für Europa – dort fehlte aber Platz für weitere Expansion. Neben Leipzig betreibt DHL zwei weitere Umschlagzentren dieser Größenordnung – in Hongkong sowie in Wilmington, USA. DHL hatte für das Projekt ein spektakuläres Tempo vorgelegt. Ende 2005 wurde die Baugenehmigung erteilt, Mitte 2007 startete der Testbetrieb.

Appel begründete die Entscheidung für Leipzig mit der guten Infrastruktur. Die Landesregierung hatte für den Flughafen eine zweite Startbahn bauen lassen, derzeit wird zudem an einem Frachtbahnhof gearbeitet. Von hier sollen bald Güterzüge zum Frankfurter Flughafen rollen. Durch die Ansiedlung „werden wir einen großen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit in der Region leisten“, kündigte Appel an. Derzeit arbeiten 2000 Menschen in der Fabrik, bis 2012 soll die volle Personalstärke erreicht sein. Neun von zehn Beschäftigten stammen aus der Gegend, 50.000 hatten sich beworben. Im Umfeld sollen noch einmal 7000 Stellen bei Zulieferern entstehen. Zudem denke man über einen weiteren Ausbau nach. „Es gibt genügend Platz für den Bau zweier weiterer Sortieranlagen“, sagte Appel.

Es geht um Geschwindigkeit – als Luftfracht werden vor allem dringende Güter wie Dokumente oder Ersatzteile versandt, die binnen 24 Stunden beim Empfänger sein müssen. Seit März fliegen 60 Jets pro Tag Leipzig an und von dort zu 46 Zielen in aller Welt. Hinzu kommen Flugzeuge der neuen Linie Aerologic, die DHL zusammen mit der Lufthansa gegründet hat. Sie soll im Sommer 2009 an den Start gehen. Die Frachtmenge pro Nacht steigt dann auf 2000 Tonnen.

Für Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist die Entscheidung für Leipzig „ein Zeichen, dass wir in Ostdeutschland die Talsohle durchschritten haben“. Das Wachstum der Logistikbranche zeige, dass Deutschland zu den Gewinnern der Globalisierung gehöre. Auch deshalb „brauchen wir wahrscheinlich mehr Flughafenkapazitäten“.

Der Gewinn für Leipzig ist zugleich eine Niederlage für Berlin. Der neue Flughafen BBI wird höchstwahrscheinlich nicht zu einem Drehkreuz werden. Das liegt nicht nur am immer wieder aufgeschobenen Baubeginn. Ohne die Zusage, rund um die Uhr starten und landen zu dürfen, „gäbe es dieses Drehkreuz nicht“, räumte Appel ein. Diese für Logistikfirmen unverzichtbare Voraussetzung kann der BBI nicht bieten, dort darf zwischen null und fünf Uhr kein regelmäßiger Flugbetrieb stattfinden.

Berlins Flughafenmanager wiegeln ab. „BBI hat einen starken Fokus auf den Passagierverkehr“, sagte Ralf Kunkel, der Sprecher der Betreibergesellschaft. Zudem sei die Planung für den BBI noch nicht fertig gewesen, als DHL sich für den Standort entschieden habe. Gleichwohl werde sich beim Thema Luftfracht demnächst „einiges tun“. 2007 kamen die Berliner Flughäfen auf 29 633 Tonnen Fracht – das war zwar nach zwei Minusjahren ein Zuwachs. Dieses Volumen wird aber heute in Leipzig binnen drei Wochen erledigt.

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