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Hilfe gesucht: Fünf vor Zwölf für Arcandor

Auch Arcandor kämpft verzweifelt und braucht braucht Hilfe vom Staat – die SPD ist dafür, doch die Union ist dagegen.

Berlin - Der Überlebenskampf des angeschlagenen Handels- und Touristikkonzerns Arcandor wird immer verzweifelter. Und die Aussichten schlechter. Denn am Freitagnachmittag sickerte das Ergebnis eines Berichts der Wirtschaftsprüfungsfirma Pricewaterhouse Coopers durch, die im Auftrag der Bundesregierung den Konzern durchleuchtet hatte. Das Ergebnis der Prüfer ist niederschmetternd: Arcandor erfülle nicht die Bedingungen, um Staatshilfe zu bekommen. Der Konzern verfüge praktisch über keine Substanz mehr, zudem könnten künftige Beteiligungsverkäufe zu erheblichen Buchverlusten führen. Für Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick und die mehr als 50 000 Mitarbeiter ist das eine Hiobsbotschaft. Denn sie sind – genauso wie Opel – auf die Hilfe des Staates angewiesen. Der Konzern hat eine Bürgschaft über 650 Millionen Euro und einen Kredit der staatlichen Förderbank KfW über 200 Millionen Euro beantragt. Nur unter dieser Bedingung wollen die Banken und die Eigner – das Bankhaus Sal. Oppenheim und die Familie Schickedanz – das Finanzierungskonzept mittragen. Hilft der Staat nicht, dürfte Arcandor in die Insolvenz rutschen.

Doch ob die Bundesregierung wie bei Opel einspringt, ist unklar. Der Bürgschaftsausschuss, dem Eick am Donnerstag Rede und Antwort stand, habe noch keine Empfehlung ausgesprochen, hieß es aus dem Umfeld der Gesprächsteilnehmer. Die endgültige Entscheidung trifft ohnehin der Lenkungsausschuss des Bundes. Und dem gefallen Indiskretionen wie beim Prüfgutachten gar nicht.

„Gutachten, die zur Vorbereitung interner Entscheidungsprozesse gedacht sind, dürfen nicht vorab in die Öffentlichkeit gelangen“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) dem Tagesspiegel am Sonntag. Ihr Staatssekretär, Lutz Diwell, ist Mitglied des Lenkungsausschusses. „Wer auf solch einem Weg versucht, Vorfestlegungen zu erreichen, schadet einem ausgewogenen Entscheidungsprozess und gefährdet die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Lenkungsausschuss“, warnte die Ministerin. Das sei unverantwortlich – auch mit Blick auf die Beschäftigten. „Wir sind es Tausenden betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schuldig, hier auch in Zukunft über Parteigrenzen hinweg vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und für verantwortungsvolle Lösungen zu streiten", mahnte die SPD-Politikerin.

Ihr Parteichef, Franz Müntefering, hat sich am Samstag für Staatshilfe ausgesprochen. Es gehe bei Arcandor um viele tausend Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor – überwiegend von Frauen, sagte Müntefering der „Bild“-Zeitung, „wir müssen da helfen.“

Unionspolitiker sehen das anders. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verwies am Samstag auf das gesunde und profitable Touristikgeschäft. Und auch sein Parteifreund, Michael Fuchs, will Arcandor nicht mit Staatsmitteln unterstützen. Die Schwierigkeiten von Arcandor hätten mit der Finanzkrise nichts zu tun, sagte der Mittelstandspolitiker der „Rheinpfalz am Sonntag“. Fuchs wirft dem Konzern grobes Missmanagement vor. Es wäre unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern, staatliche Gelder zur Rettung auszugeben. Vielmehr stünden das Bankhaus Sal. Oppenheim und die Familie Schickedanz als Eigentümer in der Pflicht, „die nicht zu den Ärmsten der Welt gehören“, forderte Fuchs.

Die Gespräche über die Staatsbürgschaft sollen in der kommenden Woche fortgesetzt werden. Vielleicht sollte Konzernchef Eick zu diesem Termin die Unterschriftenlisten einpacken, die Karstadt-Mitarbeiter, Betriebsräte und Lokalpolitiker am Freitag bei Karstadt-Kunden in ganz Deutschland gesammelt haben. Wer weiß – im Wahljahr 2009 könnte das durchaus helfen.

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