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Streiks und Straßenschlachten. Ein Generalstreik legte am Mittwoch Griechenland lahm. In Athen gingen 100 000 Menschen auf die Straße – es kam zu Ausschreitungen. Foto: dpa

© dpa

Wirtschaft: Im Teufelskreis

Griechenland saniert sich – doch die Rezession wirft Athen wieder zurück.

Einige Wochen lang schien es ruhig geworden zu sein um Griechenland. Die Krise wirkte beherrschbar, der drohende Staatsbankrott schien abgewendet. Mit einem neuen Sparpaket soll das Land seine Finanzplanung für die kommenden Jahre auf die Reihe bringen. Ziel ist, das Haushaltsdefizit von rund neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vergangenen Jahr bis 2014 unter drei Prozent zu drücken. Doch nun wird von neuen, riesigen Löchern im Haushalt berichtet. Mal ist von 20 Milliarden Euro die Rede, mal sogar von 30 Milliarden.

Dabei liegt der Finanzminister bei der Umsetzung des diesjährigen Haushalts sogar vor dem Plan. In den ersten acht Monaten belief sich das Defizit auf 12,5 Milliarden Euro – angesetzt waren 15,2 Milliarden. Gegenüber dem Vorjahr wurde der Fehlbetrag um ein Drittel reduziert. Aber selbst wenn Athen die Vorgaben nominal erfüllt und das Defizit von 22,9 Milliarden Euro bis zum Jahresende auf 14,1 Milliarden sinkt, wird der Fehlbetrag in Relation zur Wirtschaftsleistung höher ausfallen als im Konsolidierungsprogramm angesetzt – eine Folge der Rezession, die in diesem Jahr mit einem BIP-Minus von voraussichtlich fast sieben Prozent viel schwerer ausfällt als erwartet.

Der steile Absturz der griechischen Wirtschaft ist das größte Problem bei der Umsetzung des Konsolidierungsprogramms. Die Griechen selbst und Griechenlands Geldgeber – die Euro-Staaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) – gingen von sehr viel optimistischeren Annahmen aus, als sie im Frühjahr 2010 das erste und im Februar 2012 das zweite Hilfspaket schnürten. So erwartete der IWF, dass Griechenlands BIP in den Jahren 2009 bis 2012 unter dem Strich um 7,5 Prozent schrumpfen werde. Tatsächlich hat das Land in diesem Zeitraum aber fast ein Fünftel seiner Wirtschaftsleistung verloren. Zwar hat Griechenland in den vergangenen drei Jahren seine Haushaltsausgaben um 20 Milliarden Euro oder zehn Prozent des BIP gesenkt. Dennoch verfehlte Athen wegen der Rezession die Vorgaben bei den Schulden- und Defizitquoten seit Beginn des Sparprogramms immer wieder.

Griechenland steckt in einem Teufelskreis: Je mehr die Wirtschaft einbricht, desto mehr muss die Regierung wegen wegbrechender Steuereinnahmen einsparen, um die Auflagen der Gläubiger zu erfüllen. Das Geld fehlt im Wirtschaftskreislauf. So spart sich das Land immer tiefer in die Rezession. Die Athener Regierung wünscht sich deshalb mehr Zeit für die Umsetzung der Sparziele.

Der Absturz der Wirtschaft liegt allerdings nicht nur an den Sparvorgaben. Bei der Umsetzung der meisten Strukturreformen, die der Wirtschaft Wachstumsimpulse geben könnten, ist das Land weit im Rückstand. Das gilt vor allem für die Privatisierungen. Noch 2011 versprach die Regierung, bis 2015 mit dem Verkauf von Staatsfirmen und der Verpachtung staatlichen Landes 50 Milliarden Euro einzunehmen – eine völlig unrealistische Annahme, die inzwischen auf 19 Milliarden reduziert wurde. Aber auch dieses Ziel liegt in weiter Ferne: Bisher kamen erst 1,8 Milliarden zusammen.

Dagegen beginnen die Reform des Tarifrechts und die Lohnsenkungen Früchte zu tragen: Die Lohnstückkosten sind auf den Stand des Jahres 2000 gefallen, Griechenland gewinnt dadurch einen Teil der verlorenen Wettbewerbsfähigkeit zurück. Das zeigt sich in der Handelsbilanz: Die Exporte stiegen im ersten Halbjahr um 4,3 Prozent. Auch bei der Verschlankung der aufgeblähten Staatsbürokratie meldet das Land Erfolge: In den vergangenen drei Jahren ging die Zahl der Bediensteten in der öffentlichen Verwaltung um 147 000 auf 858 000 zurück. Bis 2015 sollen weitere 150 000 Stellen wegfallen.

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