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Professor „Wähba“. Axel Weber wird Gastprofessor an der University of Chicago und künftig Chef der UBS. Foto: dapd

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Wirtschaft: Im Ungefähren

Ex-Bundesbankchef Axel Weber hält in den USA eine Rede über den Euro und über Griechenland

Chicago - Die USA scheinen Axel Weber gut zu bekommen. Braun gebrannt, mit einem Grinsen im Gesicht und einem über die Schulter geworfenen Rucksack marschiert der Ex-Bundesbankchef am frühen Donnerstagabend ins Hotel Interconti in Downtown Chicago.

Im imposanten „Renaissance Ballroom“ im fünften Stock baumeln gewaltige Kronleuchter von der Decke und schwere grüne Vorhänge vor den gut sechs Meter hohen Fenstern. Etwa 300 Zuhörer sind gekommen, um den baldigen Gastprofessor an der University of Chicago und künftigen Chef der Schweizer Großbank UBS reden zu hören. Die Themen: die Finanzkrise und was gegen das Ungleichgewicht der globalen Wirtschaft getan werden kann. Geladen hat der Chicago Council on Global Affairs, ein renommierter, politisch unabhängiger Think Tank.

Statt über Lösungen referiert Professor „Wähba“, wie er hier vorgestellt wird, allerdings erst mal über das, was ist: Die linke Hand in der Hosentasche, die rechte auf dem Rednerpult, erzählt er mit reichlich Zahlenbeispielen von den unterschiedlichen Verhältnissen von Schulden zu Bruttoinlandsprodukt in den USA und Europa, springt von Chinas Dollarreserven zu Präsident Obamas Gesundheitsversicherung, spricht von Wirtschaftswachstum und vergleicht die derzeit diskutierten Euro-Bonds mit einer „Ehe ohne Ehevertrag“. Diese Euro-Anleihen, sagt Weber in flottem Englisch, würden genau das Problem weitertreiben, das die derzeitige Lage überhaupt erst verursacht habe: „Sie ermöglichen, dass wieder viel zu billig Schulden gemacht werden können.“

Nicht jeder im Publikum kommt mit bei so viel Makroökonomie im Schnelldurchlauf. Hier und da sieht man fragende Gesichter. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Weber zwar viele Probleme umreißt, aber trotz der Ankündigung im Programm keine Antworten gibt. Das Thema Griechenland zum Beispiel: Nachdem er aufgezählt hat, was alles aus verschiedensten Gründen nicht funktioniert (Steuererhöhungen, Haushaltskürzungen, Umschuldung, Geld drucken), bleibt er einen Lösungsvorschlag schuldig. Er sagt nur: „Ich erwarte, dass noch mehr Geld nach Griechenland fließen wird.“ Auf Nachfrage erklärt er noch, dass er der Meinung sei, dass, wer Risiken eingeht, auch haften müsse, wenn etwas schiefgeht. Konkret: „Wer mit griechischen Staatsanleihen spekuliert und verloren hat, muss jetzt auch zahlen. Das alles auf den Steuerzahler abzuwälzen, ist zu einfach.“ Wäre es nach ihm gegangen, wäre das von Anfang an so gehandhabt worden. „Dann gäbe es das ganze Problem nicht.“

Dann folgt wieder Ungefähres. Ja, er glaube, dass Europa eine Lösung in der Schuldenkrise finden wird. „Der Euro ist mehr als eine Währung, er ist ein Teil der europäischen Identität“, sagt Weber. So etwas lasse man nicht fallen. Bevor die Politiker aber eine Einigung fänden, werde es noch gewaltig krachen müssen. Wann, wie, wo, warum? Den Teil überspringt er.

Je länger man ihm zuhört, desto weniger schlau wird man aus dem, was er sagt. Manch einer hat Weber, als er noch Bundesbank-Chef war, vorgeworfen, zu eng mit der Politik verbandelt zu sein. Wie immer man dazu steht, heute Abend redet er wie ein Politiker. Ein Urteil über Bundeskanzlerin Merkel oder EZB-Präsident Trichet in der Schuldenkrise? Fehlanzeige.

Nach gut 30 Minuten ist Weber fertig mit seinem Rundumschlag. Fünf Fragen sind noch zugelassen, dann muss Schluss sein. Es geht noch kurz um alternative Energien, die Weber als Chance preist und die Regulierung der Bankenbranche, die Weber gut und richtig findet. „Überregulierung sehe ich jedenfalls nicht.“ Zu den zwei Milliarden Dollar, die ein Trader der UBS verzockt hat? Kein Wort. Webers künftiger Arbeitgeber kommt nicht zur Sprache.Moritz Honert

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