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Immobilien: In Berlin gibt es keinen Durchschnitt

Das Angebot an Kauf- und Wohnimmobilien ist groß, die Preise sind moderat – doch zwischen Toplagen und Standard in Berlin liegen Welten.

Mit Berliner Immobilien lässt sich Geld verdienen. 9,1 Prozent Rendite konnten Profi-Investoren 2009 etwa mit Berliner Wohnhäusern einfahren, wie das Wiesbadener Immobilienanalysehaus Investment Property Databank errechnet hat. Nicht wenige Branchenexperten sind der Auffassung, dass sich dieser Trend fortsetzt. Berlin profitiere von einem breiten Angebot an werthaltigen Immobilien mit moderaten Einstiegspreisen, viel Potenzial für Mietsteigerungen und somit krisensicheren Renditen, sagt Corvin Tolle, geschäftsführender Gesellschafter von Rohrer Immobilien. Hinzu komme, dass Wohnraum in Berlin allgemein immer knapper und teurer werde. Denn im Vergleich zu anderen deutschen Städten werde weniger gebaut und neu entwickelt – obwohl die demografische Entwicklung das Gegenteil erwarten ließe.

Die Bevölkerung wird nach Prognosen der Stadtentwickler bis 2030 wachsen, wenn auch je nach Bezirk sehr unterschiedlich. Während für Pankow ein Zuwachs von mehr als zwölf Prozent erwartet wird, rechnet man für Reinickendorf mit einem Minus von knapp sechs Prozent. Unter dem Strich könnten nach einer Studie des Eduard Pestel Institut bis 2025 etwa 300 000 Wohnungen in Berlin fehlen, somit – örtlich begrenzt – Knappheitspreise mit entsprechenden Mieten zu erwarten sein.

„Gerade in Berlin“, sagt Immobilienexperte Rohrer, „ist es aber besonders wichtig, auf die richtige Mikrolage zu achten.“ Die Preisunterschiede seien enorm. Gleichzeitig haben die in Miet- und Preisspiegeln genannten Durchschnittspreise oft nichts mehr mit der Realität zu tun. Im Schnitt lägen die jüngsten Neuabschlüsse etwa 35 Prozent darüber, notiert der Immobilienverband Berlin Brandenburg (IVD). Käufer blättern inzwischen für gut ausgestattete Wohnungen rund um die Szenekieze am Kollwitz- und Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg doppelt so viel hin wie noch vor fünf Jahren. Bis 4200 Euro pro Quadratmeter werden für Toplagen gezahlt, die Mieten gehen bis zu 15 Euro – Tendenz steigend. Weniger gefragte Lagen sind ab 2500 Euro zu kaufen oder ab sieben Euro zu mieten.

Auch in Charlottenburg liegen Welten zwischen Toplagen und mittleren Standards. Während rund um den Savignyplatz, in den Straßenzügen nördlich und südlich des Ku’damms und am Lietzenpark Quadratmeterpreise zwischen 4000 und 5000 Euro keine Seltenheit sind, wird man in Nordcharlottenburg bereits ab 1600 Euro fündig, mit entsprechend niedrigeren Mieterwartungen.

Die größten Hoffnungen auf stabile bis steigende Renditen können sich Käufer weiter in den Toplagen von Pankow, Prenzlauer Berg, Dahlem, der City-West und Mitte machen, erwartet Tolle. Stimme die Lage, dann könne man als Immobilienkäufer in Berlin eigentlich gar nichts falsch machen, sekundiert auch IVD-Vizepräsident Michael Schick. Doch gibt es Viertel, denen eine ähnliche Entwicklung wie den hippen Kiezen im Prenzlauer Berg noch bevorstehen könnte?

Tolle rechnet in einzelnen, bürgerlicheren Lagen von Neukölln und Friedrichshain mit einer guten Entwicklung, andere sehen das Grenzgebiet zwischen Neukölln und Kreuzberg und das Viertel um das Schlesische Tor und die Oberbaumbrücke im Kommen. „Miet- und Kaufpreise weisen in beliebten Wohnquartieren nach oben.“

Auch ausländische Investoren blicken gerne nach Berlin, vor allem auf Luxusobjekte. Ein schwedisches Unternehmerpaar habe gerade für 5600 Euro pro Quadratmeter an der Marburger Straße gekauft, berichtet Tolle. Auch andere Makler registrieren, dass ausländische Privatkäufer das Berliner Preisniveau für billig halten. Inzwischen sind in Berlin sogar schon 10 000 Euro möglich: Wer das Penthouse des neuen Luxusprojekts „yoo Berlin“ kaufen möchte, muss tief in die Tasche greifen. Insgesamt entstehen „am Zirkus“ neben dem Berliner Ensemble 86 Luxuswohnungen ab 4100 Euro pro Quadratmeter, entwickelt vom Schweizer Unternehmen Peach Property Group und dem Designer Philippe Starck. Die Hälfte der bereits verkauften Objekte ging nach Übersee.

Nach einer Umfrage von Pricewaterhouse-Coopers bei 640 Immobilienexperten liegen die Ertragsperspektiven Berlins auf Platz 7 unter 27 europäischen Metropolen. Ein besseres Renommee haben nur München, London, Hamburg, Paris, Istanbul und Wien. Eine Investition in Berliner Wohnraum empfehlen 30,6 Prozent der Befragten. Dies ist der höchste Wert für diese Kategorie im Vergleich aller europäischen Städte. In Büros würden nur 16 Prozent bevorzugt investieren. Dennoch liegen die Nettoanfangsrenditen hier stabil bei 5,4, für Topgeschäftsflächen bei 4,9 Prozent, bilanzieren die Experten des Immobiliendienstleisters CB Richard Ellis (CBRE). Den Markt dominieren Versicherer, Fonds, vermögende Privatinvestoren und Family Offices, sagt Fabian Klein, Investmentchef von CBRE Deutschland. „Kaufmotivation ist aber weniger eine hohe Rendite als vielmehr die Sorge vor Inflation und realen Wertverlusten des Vermögens.“

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