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Männerhände flechten Eisen auf Großbaustellen. Solche komplexen Bauten brauchen bessere Regeln.

© dpa

Anhörung von Verbänden: Bauherren und Baubetriebe auf Augenhöhe

Ergänzungen für das Bürgerliche Gesetzbuch geplant: Überwiegend positives Echo auf Entwurf zur Neufassung des Bauvertragsrechts.

Das Justizministerium macht sich an einen großen Wurf: Das Bauvertragsrecht wird neu geregelt. Die komplexen Rechtsverhältnisse auf dem Bau würden mit dem geltenden Werkvertragsrecht oft nicht detailliert genug geordnet, meint das Ministerium. Außerdem enthalte es, abgesehen von einigen Einzelvorschriften, keine besonderen Verbraucherschutzvorschriften. Hier soll nachgebessert werden, weil Verbraucher oft einen erheblichen Teil ihrer wirtschaftlichen Ressourcen für den Bau oder Kauf eines Hauses aufwenden.

Es werden nun neue Unterkapitel für den Bauvertrag, den Verbraucherbauvertrag, den Bauträgervertrag sowie den Architekten- und Ingenieurvertrag ins Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eingefügt. Den Referentenentwurf dazu diskutierten Vertreter von zwei Dutzend Verbänden der Baubranche in dieser Woche im Justizministerium.

Die bedeutendste Neuregelung für den Bund Deutscher Baumeister (BDB) betrifft die sogenannte gesamtschuldnerische Haftung von Architekten und Ingenieuren. Für deren Neuregelung hatte sich der Verband seit Jahren vehement einsetzt. Der Referentenentwurf sieht vor, dass ein Planer künftig erst dann auf Schadensersatz verklagt werden kann, wenn der Bauherr dem bauausführenden Unternehmer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt hat.

Teure Versicherungen - wie bei den Hebammen

Diese Maßnahmen seien aber noch unzureichend, meint Barton. So gebe es keine Aussagen dazu, was im Falle der Insolvenz eines mangelhaft arbeitenden Unternehmens passiert. „Das Endziel muss aus BDB-Sicht eine objektbezogene Gesamtversicherung sein“, fordert Barton. Damit ist eine Versicherung gemeint, in die alle an einem Bau beteiligten Firmen einzahlen.

Diese Versicherung wird aber im aktuellen Veränderungsschritt nicht kommen, weiß Volker Schnepel, Justiziar der Bundesarchitektenkammer. Das Justizministerium will erst mit einem Forschungsauftrag prüfen, wie eine solche Versicherung am besten gestaltet werden könnte. Notwendig aber sei sie, sagt Schnepel, denn: „Nur noch wenige Versicherungen bieten die vorgeschriebene Berufshaftpflicht für Architekten und Ingenieure an. Die Prämien sind ähnlich wie bei den Hebammen sehr hoch und teilweise existenzbedrohend.“

Positiv findet es der BDB, dass im Entwurf eine Vereinheitlichung der Haftungszeiträume vorgesehen ist: „Ein Bauwerk wird als Gesamtleistung vergeben und die Verjährung für die Haftung von Architekten und Ingenieuren beginnt bisher erst nach der Gesamtabnahme“, erklärt BDB-Hauptgeschäftsführer Herbert Barton. In den einzelnen Gewerken fängt der fünfjährige Haftungszeitraum aber bereits nach der Teilabnahme an. Bei langen Bauzeiten kann also die Haftung für den Rohbau schon fast zu Ende sein, wenn die Gesamthaftung für den Architekten erst beginnt. Demnächst soll die Haftung auch für Architekten und Ingenieure nach Teilabnahmen beginnen.

Ganz und gar nicht positiv ist das Feedback des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes und der Bundesvereinigung Bauwirtschaft. Bereits in der Vorwoche hatten sie sich zu dem Gesetzesentwurf geäußert und die Neufassung des Anordnungsrechts kritisiert.

Wie in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) sollen Bauherren jetzt auch laut BGB das Recht bekommen, den Baubetrieben Änderungen bei der Bauleistung anzuordnen. Diese können das nur verweigern, wenn die Ausführung für sie unzumutbar ist. Als ungenügend wird unter Juristen schon heute diskutiert, wie der Referentenentwurf den Umgang mit Streitfällen regelt.

Erstmals soll es ein Widerrufsrecht geben

Ein zweiter Kritikpunkt der Bauwirtschaft betrifft die Abschlagszahlungen. Auftraggeber dürfen sie bisher nur bei gravierenden Baumängeln verweigern. Jetzt sollen Bauherren dieses Recht bei jeder Art von Mängeln haben. „Das kann sich extrem auf die Liquidität der Betriebe auswirken“, befürchtet die Sprecherin der Bundesvereinigung Bauwirtschaft Ilona Klein.

Eine Verbesserung in puncto Abnahme bringt der Entwurf für die Baubetriebe nach Ansicht des Immobilienverbandes Deutschland (IVD). Er vertritt die Interessen der Makler. „Bisher konnte der Auftraggeber die Abnahme ohne Begründung verweigern und damit die Bezahlung der Restforderungen hinauszögern. In Zukunft soll dies nicht mehr möglich sein. Der Besteller muss bei einer Abnahmeverweigerung künftig die Mängel angeben“, berichtet IVD. Ansonsten könne der Auftragnehmer eine sogenannte „Abnahmefiktion“ geltend machen und ausstehende Zahlungen einfordern.

Darüber hinaus wurde nun erstmals ein Widerrufsrecht für Bauverträge eingeführt. „Diese Regelung ist in unseren Augen angemessen. Das Widerrufsrecht erlischt, wenn die erste Abschlagzahlung fällig wird“, erklärt die Bundesgeschäftsführerin des IVD Sun Jensch. „Wir sehen den Reformentwurf als gute Grundlage für ein kommendes Gesetz. Bauträger und Erwerber stehen sich nun rechtlich ebenbürtig gegenüber“, bilanziert sie.

Gut findet der IVD, dass durch die neue Pflicht, Bauunterlagen frühzeitig vorzulegen, die Hemmschwelle zum Erwerb eines Eigenheim sinken werde. Der Gesetzentwurf regelt detailliert, welche Bauunterlagen künftig erforderlich sind. Das Widerrufsrecht und die Pflichten zur Baubeschreibung lobt auch der Bauherrenschutzbund.

Eine mittlere Position nimmt der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ein: „Die Anhörung hat gezeigt, wie schwierig es ist, die Interessen von Verbrauchern und Unternehmern in Einklang zu bringen. Hier gibt es im Detail noch Nachbesserungsbedarf“, urteilt der GdW salomonisch.

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