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Immobilien: Die Märkte in den Großstädten laufen heiß

Niedrige Zinsen und Euro-Krise führen auch in Berlin zu einem Immobilienkaufrausch.

Gut eine Million Euro für eine zwölf Jahre alte Doppelhaushälfte am Münchner Westpark? Kein Problem momentan: Gleich der erste Interessent schlug zu, ohne mit der Wimper zu zucken. Wie in München wird auch in anderen Großstädten wie verrückt gekauft.

Immobilien gehen weg wie geschnitten’ Brot. Die Angst um den Euro hat einen Ansturm auf Häuser und Eigentumswohnungen ausgelöst. Ganz gleich, ob Selbstnutzer oder Anleger: Die Deutschen suchen Zuflucht im „Betongold“. Mächtig befeuert wird der Kaufrausch von den historisch billigen Bauzinsen. Und fehlenden Anlagealternativen am Kapitalmarkt. Vor drei Jahren ging er bereits los, der Run auf Immobilien in Ballungsräumen, wie der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) meldet. In den vergangenen Monaten hat die Sache dann noch einmal so richtig Fahrt aufgenommen. In Städten wie München, Hamburg oder Düsseldorf ist der Markt schon fast leergefegt. Für Wohnraum in guter Lage können die Verkäufer Höchstpreise verlangen.

Das gilt inzwischen auch für Berlin. Steigende Einwohner- und Haushaltszahlen sowie eine positive Entwicklung der Berliner Wirtschaft lassen in der Bundeshauptstadt die Nachfrage nach Wohnraum ansteigen. Gerade in den sehr guten Lagen hat dies zu einem kräftigen Anstieg der Mieten geführt. In den sehr guten Lagen liegen die Mieten zwischen zehn und 20 Euro, in den guten Lagen werden zwischen acht und 13 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Gleichzeitig lässt die anhaltende Nachfrage den Leerstand in der Hauptstadt sinken. Er liegt derzeit bei rund drei Prozent und bleibt rückläufig. Dies geht aus dem aktuellen Marktreport für Wohn- und Geschäftshäuser des international tätigen Beratungs- und Vermittlungsunternehmens für Gewerbeimmobilien Engel & Völkers Commercial Berlin hervor.

Goldene Zeiten auch für Makler: Selbst eine wenig attraktive Stadtwohnung lässt sich noch an den Mann bringen. Wegen der enormen Nachfrage zogen die Preise inzwischen durch die Bank deutlich nach oben, allein für Eigentumswohnungen um mehr als acht Prozent.

Im vergangenen Jahr wurden in Berlin rund 1840 Wohn- und Geschäftshäuser mit einem Gesamtvolumen von fast vier Milliarden Euro gehandelt. Dies entspricht nach Angaben von Engel & Völkers einem Anstieg der Transaktionszahl um 18 Prozent und einem Anstieg des Volumens um 35 Prozent. Die Steigerung ist insbesondere auf den Handel mit größeren Objekten zurückzuführen. „Der Berliner Markt hat im Bundesvergleich infolge der Finanzkrise 2009 nur eine leichte Delle hinnehmen müssen. Derzeit nähert sich der Markt dem Rekordniveau von 2006/2007 mit einem Transaktionsvolumen von etwa 6,5 Milliarden Euro wieder an und wird sich auf hohem Niveau stabilisieren“, ließ Rackham F. Schröder, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Berlin, in dieser Woche mitteilen.

Auch einfache Lagen profitieren von den Entwicklungen in der Hauptstadt. Die neu gewonnene Parklandschaft des Tempelhofer Feldes hat beispielsweise zu einer Aufwertung der Quartiere in Nord-Neukölln geführt. Gleichzeitig sorgt die bevorstehende Schließung des Flughafen Tegel für ein wachsendes Interesse an Wohnlagen im angrenzenden Wedding, und der Ausbau des Bahnhofs Ostkreuz wirkt sich positiv auf Quartiere wie den Kaskelkiez in Lichtenberg aus.

Wer jetzt noch in Ballungsräumen investiert, steigt aber womöglich schon zu völlig überhitzten Preisen ein, sagt Roland Aulitzky von der Zeitschrift „Finanztest“ und mahnt zur Vorsicht. Denn die positive Marktentwicklung trägt dazu bei, dass sich die meist institutionellen und ausländischen Verkäufer von ihren Objekten trennen, um ihre Portfolien zu optimieren und das gute Preisniveau zu nutzen. Die Käuferseite hingegen wird vor allem von privaten Bestandshaltern dominiert, so die Analyse von Engel & Völkers. Bei großvolumigeren Objekten ab fünf Millionen Euro seien vereinzelt auch institutionelle Käufer am Markt aktiv. „Bisher hat sich die Nachfrage auf reine Wohnobjekte konzentriert. Wir können aber beobachten, dass auch wieder verstärkt Zinshäuser mit Gewerbeeinheiten nachgefragt werden“, sagte Schröder.

„Billiges Geld verleitet zum Schuldenmachen“, warnt Manfred Hölscher vom Baugeldvermittler Enderlein. Die finanzielle Belastung werde oft genug durch zu kurze Zinsbindungen und niedrige Tilgungen schöngerechnet. Manche Finanzierung sei inzwischen „auf Kante“ gestrickt.

Der durchschnittliche Preis für Kaufwohnungen aus dem Bestand in Berlin erhöhte sich von Juli 2007 bis Juli 2011 um 14 Prozent, im Folgejahr konnten von den Analysten weitere 15 Prozent Anstieg beobachtet werden. Dies entspricht auf der Grundlage einer Auswertung von 12 000 Kreditanfragen in München und Berlin von Immobilienscout24 einer Vervierfachung der Teuerungsrate. Die Eigenkapitalquote sank nach Angaben der Baufinanzierer von Immobilienscout24 von 24 Prozent (3. Quartal 2011) auf 12 Prozent (2. Quartal 2012). (mit dapd)

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