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Die Mehrkosten für den Passivhausstandard dieser Kita in Sachsen betrugen knapp sechs Prozent der Bausumme. Die Energieagentur des Landes geht davon aus, dass sich die Zusatzausgaben in 10 bis 15 Jahren amortisieren.

© Jörg Schurig/dpa

Nachhaltig bauen: Erst kommt die Lage, dann die Effizienz

Das nachhaltige und damit auch energieeffiziente Gebäude wird mehr und mehr zum Normalfall. Energiesparendes Bauen ist aber vor allem an guten Standorten wertsteigernd.

Wie der Klimaschutz allgemein leidet auch das energieeffiziente Bauen an einem Dilemma: Anfangs fallen erst einmal (relativ hohe) Kosten an. Die Früchte dieser Investitionen lassen sich erst nach Jahren und Jahrzehnten ernten.

Sozusagen als Trost formulieren Befürworter energiesparenden Bauens die These, dass die Gebäude höhere Renditen erzielen. Aber ist das tatsächlich so?

David Lorenz forscht als Professor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zum Thema Immobilienwertermittlung. Er sagt: „Die werterhöhenden Effekte des energieeffizienten oder nachhaltigen Bauens wurden in den vergangenen Jahren in verschiedenen Immobilienteilmärkten sowie für verschiedene Immobilienarten nachgewiesen. Nach meinem Kenntnisstand liegen hierzu weltweit derzeit rund 50 Studien vor.“

Einen guten Überblick über den Stand der Forschung gibt ein Bericht der EU-Kommission über den Einfluss von Gebäude-Energieausweisen auf den Verkaufspreis und die erzielten Mieten. Tabellarisch sind darin 22 internationale Studien aufgeführt, die die Performance von energieeffizienten mit nicht-energieeffizienten Gebäuden vergleichen. Auch ein diese Woche veröffentlichter Report des World Resources Institute beschäftigt sich mit energieeffizienten Gebäuden.

"Der Wert bildet sich ab durch die Nachfrage am Markt"

Die EU-Studie widmet sich den Ländern Österreich, Belgien, Großbritannien, Irland und Frankreich. Über Österreich heißt es dort: „Es gibt klare Anzeichen, dass der Immobilienmarkt in Wien und Umgebung Energieeffizienz belohnt.“ Laut der Marktanalyse ergab sich bei einer Verbesserung um einen Buchstaben auf der Skala des Energieausweises (sie reicht von A bis H) ein um acht Prozent höherer Verkaufspreis und eine um 4,4 Prozent höhere Miete.

Dieser positive Effekt ist in Niederösterreich aber geringer. Offenbar spielt also auch die Lage eines Gebäudes eine Rolle. Das deckt sich mit Erkenntnissen von Jörn Krimmling. Er lehrt Technisches Gebäudemanagement an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden und hat sich in einer Studie für die Hochschule Zittau/Görlitz mit den Mehrkosten von energieeffizienten Bürogebäuden beschäftigt.

„Der Wert bildet sich ab durch die Nachfrage am Markt und ist sehr stark dominiert durch die Lage“, sagt Krimmling. Wenn ein Gebäude in guter Lage zusätzlich energieeffizient sei, könne das den Wert deutlich erhöhen. Solche Gebäude sind sogar so begehrt, dass sie knapp werden. Dagegen erhöhen Investitionen in Energieeffizienz an einem schlechten Standort den Wert einer Immobilie nicht unbedingt, sagt Krimmling.

„Viele wissen, dass man auf die Energiekosten achten muss. Aber Energieeffizienz ist nur eine Eigenschaft unter vielen“, meint der Experte.

Für nachhaltige Gebäude gebe es eine Liste von 46 Eigenschaften, die alle miteinander verknüpft seien. „Dazu gehören beispielsweise Barrierefreiheit oder Behaglichkeit. Diese Eigenschaften beeinflussen sich gegenseitig. Daraus den Wert zu ermitteln ist eine sehr komplexe Sache“, sagt der Experte. Sein Fazit: „Statistisch haben energieeffiziente Gebäude einen höheren Wert, können im Einzelfall aber auch weniger wert sein.“

Preisabschläge für herkömmliche Immobilien

Perspektivisch jedoch geht David Lorenz vom KIT davon aus, dass das nachhaltige und damit auch energieeffiziente Gebäude der Normalfall sein wird: „Wir werden uns mittelfristig nicht mehr über Preisaufschläge für energieeffiziente/nachhaltige Immobilien, sondern über Preisabschläge für herkömmliche Immobilien unterhalten. In vielen Ländern wird nachhaltiges Bauen immer mehr zum Standard. Daher ist damit zu rechnen, dass diejenigen Immobilien, die gewisse nachhaltigkeitsbezogene Mindeststandards nicht erfüllen, mit Preisabschlägen zu rechnen haben“, sagt er.

Aktuell aber steigen angesichts niedriger Energiepreise die Investitionen in fossile Technologien wie Ölheizungen. Die sind zwar heute auch sehr energieeffizient, könnten bei steigenden Preisen aber auch wieder höhere Kosten nach sich ziehen. „Der Primärenergiebedarf der deutschen Volkswirtschaft ist immer dann besonders stark gesunken, wenn die Energiepreise hoch waren“, sagt Jörn Krimmling. „Um Verbrauchsminderungen zu bewirken, müsste man aktuell die Energiesteuern erhöhen.“

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