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Luxus in Potsdams neuer Mitte. Neben dem Landtagsschloss entsteht das HQ Humboldt Potsdam.

© Kondor Wessels

Immobilien in Potsdam: Boomstadt mit eigenen Gesetzen

Potsdam zählt immer mehr Einwohner. Trotzdem verkaufen sich Eigentumswohnungen oft nur mühsam.

Eines macht Ralf Lenfers deutlich: Der Potsdamer Wohnungsmarkt entwickelt sich anders als der Berliner Markt. „Projektentwickler und Investoren übertragen die Euphorie auf dem Berliner Wohnungsmarkt teilweise auf Potsdam“, sagt der Potsdamer Vertreter des auf hochwertige Wohnungen spezialisierten Maklerunternehmens Dahler & Company. Das aber funktioniere nicht, da der Potsdamer Markt eigenen Gesetzen folge.

Und diese Gesetze sind nicht leicht zu verstehen. Denn eigentlich müsste jeder, der in Potsdam eine halbwegs akzeptable Wohnung zum Kauf oder zur Miete anbietet, sich der Nachfragen kaum erwehren können – schließlich wächst Potsdam rasant. Ende 2012 lebten gut 159 000 Menschen in der brandenburgischen Landeshauptstadt, über ein Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Seit 13 Jahren wächst Potsdam kontinuierlich – entsprechend begehrt sind Wohnungen.

Trotzdem machen nicht wenige Vermieter und Verkäufer die Erfahrung, dass sich ihre Wohnungen nicht so ohne weiteres vermarkten lassen. Zwar sei die Nachfrage bei günstigen Wohnungen in der Tat sehr groß, sagt Lenfers. „Wer aber eine Miete von zehn Euro oder mehr pro Quadratmeter bezahlen kann, hat die Wahl.“ Ähnlich sieht es laut Lenfers bei Eigentumswohnungen aus: „Der Verkauf von Wohnungen im Preissegment zwischen 3500 und 4500 Euro pro Quadratmeter ist schwierig, sofern es sich nicht um Denkmale mit den entsprechenden steuerlichen Vorteilen handelt.“

Obwohl der Neubau Nansen 3 bereits fertig ist, ist erst gut die Hälfte der Eigentumswohnungen verkauft.
Obwohl der Neubau Nansen 3 bereits fertig ist, ist erst gut die Hälfte der Eigentumswohnungen verkauft.

© Kondor Wessels

Wichtig sei es, die Wünsche der Nutzer zu treffen, betont Friedrich-Carl Wachs, Geschäftsführer des Maklerhauses Engel & Völkers Potsdam. „Dass sich nicht alle neuen Eigentumswohnungen schnell verkaufen lassen, liegt daran, dass die Bauträger nicht immer marktgerechte Preise verlangen und nicht immer marktgängige Wohnungen konzipieren.“ Wer zum Beispiel eine 180 Quadratmeter große Wohnung mit nur wenigen Zimmern anbiete, laufe Gefahr, „am Markt vorbeizuproduzieren“.

Grundsätzlich aber, so Wachs, sei die Nachfrage auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt größer als das Angebot. Gleichwohl tun sich selbst große Namen oft schwer mit den Besonderheiten der Stadt. So konnte zum Beispiel Kondor Wessels von den 17 Eigentumswohnungen und drei Townhouses im Projekt Nansen 3 bisher erst elf Einheiten verkaufen – obwohl die Bauarbeiten bereits abgeschlossen sind und sich der Neubau in der beliebten Brandenburger Vorstadt befindet.

Künftig kann man sogar neben dem Filmpark Babelsberg wohnen

Andere Vorhaben gehen deutlich später an den Start als angekündigt. Das gilt zum Beispiel für das Projekt Charlotte & Luise in der Berliner Vorstadt, für das das zum Hochtief-Konzern gehörende Unternehmen Formart im August den Grundstein legte. Grund für die Verzögerung sei eine Umplanung, sagt Unternehmenssprecherin Antje Meeuw; man habe auf die ursprünglich vorgesehenen Einzelhandels- und Gastronomieflächen verzichtet. Von den 89 Eigentumswohnungen sind laut Meeuw dreißig Prozent vermarktet. Die Preise betragen zwischen 2500 und 4500 Euro pro Quadratmeter. Einen Wasserblick gibt es dafür nicht – das Baugrundstück befindet sich direkt an der Berliner Straße.

Ebenfalls hinter dem Zeitplan her hinken die Nikolai Gärten, die das Berliner Unternehmen Artprojekt mitten in der Innenstadt errichtet. In diesem Fall verhinderten laut Artprojekt-Geschäftsführer Thomas Hölzel veränderte Anforderungen an die Feuerwehrzufahrt den eigentlich für 2012 geplanten Baustart. Jetzt aber sollen bis Ende nächsten Jahres 36 Eigentumswohnungen und 14 Townhouses entstehen. Und auch bei der Yachthafenresidenz Havelwelle geht es später los als geplant. Unter diesem Namen sind direkt an der Havel hundert Eigentumswohnungen und 50 Bootsanlegeplätze geplant.

Zu den Gebäuden, die die Vorfreude auf neue städtebauliche Juwele stören, gehört der Plattenbau der Fachhochschule.
Zu den Gebäuden, die die Vorfreude auf neue städtebauliche Juwele stören, gehört der Plattenbau der Fachhochschule.

© Ralf Hischberger/dpa/lbn

Bis 2015 will die Berliner Firma Laborgh in ihrer Villa Hegel 48 Eigentumswohnungen (Durchschnittspreis: 3670 Euro pro Quadratmeter) errichten. „Käufer sind hauptsächlich Eigennutzer aus Potsdam“, berichtet Laborgh-Vertriebsleiter Philipp Janssen. Auch andere Marktkenner weisen darauf hin, dass in Potsdam – anders als in Berlin – nur wenige ausländische Kapitalanleger als Käufer auftreten. „Die Erwerber stammen überwiegend aus Berlin und Umgebung“, heißt es beispielsweise bei der Groth Gruppe, die in der Speicherstadt, nicht weit vom Hauptbahnhof entfernt, 270 Miet- und Eigentumswohnungen baut – offenbar mit Erfolg: Nach Unternehmensangaben stehen nur noch etwa 50 Wohnungen zum Verkauf.

Nicht nur auf dem ehemaligen Gewerbeareal der Speicherstadt werden neue Wohngebiete erschlossen. Sogar neben dem Filmpark Babelsberg wird man künftig wohnen können: Dort sollen laut Filmpark-Chef Friedhelm Schatz 300 bis 400 Studentenwohnungen, ein Boardinghaus sowie einige kleine Mehrfamilienhäuser entstehen. Potsdam ist eben wirklich etwas Besonderes – Wohnen mit Blick auf einen Freizeitpark hat selbst Berlin nicht zu bieten.

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